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Eine Bugwelle kündigt sich an

■ Der neue Schauspielhaus-Intendant Frank Baumbauer präsentierte seinen Spielplan

präsentierte seinen Spielplan

Mit prägnanten Akzenten und einem erfreulich anspruchsvollen Spielplan wird Frank Baumbauer, der neue Intendant des Deutschen Schauspielhauses, erwartungsgemäß lautstark in seine erste Saison in der Kirchenallee starten. Auf seiner Antritts-Pressekonferenz am Freitag morgen präsentierte er seinen mit Spannung erwarteten ersten Spielplan, sein neues Team und die gedanklichen Leitlinien seiner zukünftigen Arbeit und ließ keinen Zweifel daran, daß das ehrwürdige Haus in Zukunft ein zugleich intellektuelles wie freches Profil erhalten soll.

Statt weiterer Verwischung der Grenze zwischen kommerziellem und subventioniertem Theater verlangt er eine klärende Trennung „im Kopf und in Angeboten“. Die Schwerpunkte seiner Auswahl liegen folglich bei zeitgenössischen Autoren (15 von 19 Premieren sind Stücke dieses Jahrhunderts, davon 12 aktuelle), bei unbequemen und jungen Regisseuren und provozierenden Stücken. Die „Bugwelle“, mit der er die Saison am 22. Oktober eröffnen möchte, umfaßt sechs Premieren in zehn Tagen, die gleich deutlich zeigen, wo es langgehen wird. Eröffnet wird mit der Uraufführung von Rainald Goetz' Kritik in Festung in der Regie von Anselm Weber. Dies ist gleichzeitig der Auftakt zu einer Trilogie von Goetz-Stücken die mit Festung (Regie: Wilfried Minks) und Katarakt noch in dieser Spielzeit vollendet wird. Es folgt im Großen Haus Shakespeares Troilus und Cressida in der Regie des Shooting-Stars Leander Haußmann und ein Projekt des brillanten Schweizer Regie- und Musik- Exzentrikers Christoph Marthaler, der das 1920 entstandene Stück Glanz der Boheme von Ramón del Valle-Inclán „auseinanderreißen und liebevoll wieder zusammensetzen wird“, wie Chefdramaturg Wilfried Schulz versprach. Marthaler, der sich wie alle anderen für die erste Spielzeit verpflichteten Regisseure längerfristig an das Haus gebunden hat, um, so Baumbauer, „Linien und Kontinuität“ zu erzeugen, wird noch ein weiteres Projekt zu „Sucht“ sowie den Faust von Fernando Pessoa inszenieren.

Im Malersaal sind die Eröffnungspremieren von Elfriede Jelineks Wolken.Heim. (Regie: Jossi Wieler) und Javier Tomeos Zwei-Personen- Dialog über Mütter und Söhne (Regie: Stephan Müller), das bereits in Basel Premiere hatte. Im Theater-

1keller, den Baumbauer zu einer weiteren Werkstatt-Bühne umfunktionieren wird, startet Franz Wittenbrink, der dem Ensemble als Musiker angehören wird, mit einem Liederabend über Fernweh und Fremdsein.

Weitere Premieren im Großen Haus: die Deutsche Erstaufführung des in New York und London gefeierten AIDS-Dramas Engel in Amerika von Tony Kusher in der Regie von Werner Schroeter, die durch Herbert Wernicke dekonstruierte Operette Der Zigeunerbaron, Kleists Käthchen von Heilbronn (Regie: Matthias Hartmann), die Uraufführung eines Tankred Dorst-Stückes

1(der ebenso wie Goetz für Autoren-Kontinuität sorgen wird), die Dramatisierung von Flauberts Die Versuchung des Heiligen Antonius durch Axel Manthey und im Hans Henny Jahn-Jahr 1994 sein Stück Armut, Reichtum, Mensch Und Tier, in Szene gesetzt von Harald Clemen. Außerdem wird F.K. Waechter sein Kinderstück Kiebich und Dutz im Großen Haus nachmittags inszenieren und zwei Late-Night- Stücke zu Mozarts Zauberflöte sowie Patrick Barlows Der Messias setzen die noch von Gerd Schlesselmann ins Leben gerufene Reihe fort. Fassbinders Katzelmacher sowie die Uraufführungen von Ach-

1ternbuschs und Werner Schwabs neuen Stücken runden das Programm im Malersaal ab.

Das neue Ensemble mischt viele in Hamburg beliebte Darstellerinnen des alten Ensembles (u.a.: Christa Berndl, Marlen Diekhoff, Ulrike Grote, Barbara Nüsse, Ilse Ritter, Catrin Striebeck) sowie lediglich drei Herren (Matthias Fuchs, Jaques Ullrich und Martin Pawlowsky) mit vielen jungen Schauspielern und wenigen neuen Stars (etwa Anne Bennent, Markus Boysen oder Peter Brombacher). Sepp Bierbichler und Ulrich Wildgruber bleiben als Gäste erhalten. Till Briegleb

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