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SPD-Vorstand berät über Kunick

■ Zwei Alleingänge des Landesvorsitzenden stoßen auf harte Kritik

Vor wenigen Wochen war Konrad Kunick zum Landesvorsitzenden der Bremer SPD gewählt worden, er sollte und wollte kein Übergangsvorsitzender sein, und gestern abend stand schon ein Mißtrauensantrag gegen ihn auf der Tagesordnung: mehreren Mitgliedern des Landesvorstandes geht seine Eigenmächtigkeit zu weit.

„Namens der SPD“ hatte Kunick am 1.6. die Ampel-Koalitionspartner, Grüne und FDP, darüber informiert, daß die SPD Minderheitenvoten im Ergebnis des Stadtwerke-Untersuchungsausschusses nicht dulde (vgl. taz 4.6.). Weder die SPD-Mitglieder im Ausschuß wußten davon noch die KollegInnen im Landesvorstand — kunick hatte die Idee völlig allein ausgebrütet. Nicht nur Grüne und FDP wiesen das Ansinnen empört als Eingriff in die Integrität der Abgeordneten zurück, auch die SPD-vertreter im Ausschuß wuiesen die „Einmischung“ zurück. Der Kunick-Brief war nicht nur anmaßen, sondern auch vollkommen ungeschickt: Er brüskiert die Ampel-Partner lange bevor überhaupt entschieden ist, ob und in welcher Frage Minderheiten-Voten gemacht werden könnten.

Auch für Angelika Pensky, Mit

hier den schräg

guckenden Mann

glied im Landesvorstand und vor wenigen Wochen bei der Vorsitzenden-Wahl nur hauchdünn gegen Konrad Kunick unterlegen, ist der Kunick-Vorstoß nicht zu akzeptieren. „Das werden wir auf keinen Fall mitmachen“, erklärte Pensky am Freitag mittag vor der Landesvorstands-Sitzung zur taz. Und der Ortsverein Schwachhausen-West erklärte, der Kunick- Brief zeige ein „erschreckendes Maß an Unverständnis für die Funktion parlamentarischer Kontrolle in unserer Demokratie“.

Völlig unverständlich ist Kunicks Vorgehen insbesondere auch vor dem Hintergrund der Tatsache, daß Kunick selbst vor wenigen Wochen schonungslose Offenheit im Untersuchungsausschuß gefordert hatte — nicht mehr und nicht weniger als Grüne und FDP.

Auf der Tagesordnung des SPD-Landesvorstandes stand gestern ein zweites Thema gleicher Machart: Kunick hatte ohne Rücksprache mit seinen Vorstandskollegen „für die Landesorganisation“ entschieden, daß die SPD mit einem DGB-Demonstrationsaufruf gegen rechtsradikale Gewalt „nicht einverstanden“ sei. Grund: in dem Aufruf war davon die Rede, daß staatlicher Sozialabbau mitverantwortlich für die zunehmende Politikverdrossenheit in der Bevölkerung. Kunick mußte wissen, daß eine Reihe von Landesvorstandsmitgliedern, vielleicht sogar die Mehrzahl, eine derartige Bemerkung in einem Aufruftext durchaus unterschreiben würden. Ganz sicher wäre der rüde Tonfall, in dem beide Briefe abgefaßt sind, vom Landesvorstand so nicht gebilligt worden: Beide Briefe verzichten auf eine Begründung und benutzen eine knappe, formale Anweisungs-Sprache.

Die Beratungen der SPD-Landesvorstandes endeten ohne förmliche Abstimmung. K.W.

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