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Seiters will „nichts übers Knie brechen“

Doch der Druck zur Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft wächst auch in der Unionsfraktion / SPD und FDP drängen: „Wann, wenn nicht jetzt?“ / Seiters: „Es gibt Bedenken“  ■ Aus Bonn Julia Albrecht

„Ich habe angekündigt, daß ich noch in dieser Legislaturperiode einen Gesetzesentwurf zur Reform des Staatsangehörigenrechts vorlegen werde“, sagte Rudolf Seiters gestern in einer Pause des unter Ausschluß der Öffentlichkeit tagenden Innenausschusses. „Ich bin auch bereit, den jetzigen Katalog zur Hinnahme von Mehrstaatlichkeit zu überprüfen.“

Damit mehren sich die Stimmen in der CDU-Fraktion, die die Neuregelung des Staatsbürgerschaftsrechts bereit sind zu überdenken. Aber: „Es gibt Bedenken– ich teile diese Bedenken – gegen die generelle Hinnahme der Doppelstaatsangehörigkeit, deswegen hat es wenig Sinn, diese Fragen übers Knie zu brechen“, ergänzte Seiters.

„Wann, wenn nicht jetzt“ und „Es wird nie wieder Ruhe geben“, kommentierten Cornelie Sonntag (SPD) und Konrad Weiß (Bündnis 90/Die Grünen) die Verzögerungstaktiken der Regierung. Als stellvertretende Sprecherin des Innenausschusses formulierte Sonntag weitergehende Forderungen der SPD-Fraktion: kommunales Wahlrecht auch für Nicht-EG-Mitglieder und die Reform des jetzt geltenden ius sanguinis (Deutscher ist, wer von einer deutschen Mutter und/oder von einem deutschen Vater abstammt) durch Ergänzug eines ius soli. Danach erhält der- bzw. diejenige automatisch einen deutschen Paß, der/die hier geboren wurde.

„Wir wissen, daß man durch deutsche Papiere niemanden daran hindern kann, ein Haus in Brand zu setzen, aber wir sind davon überzeugt, daß der schreckliche Irrglaube, daß man es mit Menschen zweiter Kategorie zu tun habe, mit solchen gesetzlichen Maßnahmen entkräften kann“, sagte Sonntag.

Am Morgen hatte auch Bundesjustizminister Klaus Kinkel seine ersten Reaktionen nach dem Solinger Anschlag revidiert. Da hatte er noch gesagt, daß man alles vermeiden müsse, „was Wasser auf die Mühlen der Rechtsradikalen“ leite. Jetzt hingegen sagte er, daß er „immer“ ein Befürworter der doppelten Staatsbürgerschft gewesen sei.

Auch Bundespräsident Richard von Weizsäcker hatte sich in dieser heiklen Frage auf der Trauerfeier in Köln am Donnerstag unmißverständlich zu Wort gemeldet: „Sprechen wir nicht allzu leicht von ,den Türken‘? Wollen wir damit ausdrücken, wer fremd bleiben soll? Wäre es nicht ehrlicher und humaner zu sagen: deutsche Bürger türkischer Herkunft? (...) Wir wollen doch die Mitmenschen unter uns nicht zu Fremden stempeln, die seit Jahren, ja Jahrzehnten bewiesen haben, daß auch Deutschland für sie als Bürger Heimat ist. Sie müssen deshalb die Bindungen an ihre vorangegangenen Generationen nicht verleugnen.“

Mit der Verharmlosung rechtsextremistischer Übergriffe scheint es jetzt endgültig vorbei zu sein, kommentierte Sonntag die Stimmug im Ausschuß. Der Generalbundesanwalt von Stahl habe betont, er habe nie gesagt, daß linksextremistische Anschläge noch immer gefährlicher seien als die von rechter Seite.

Er zeigte sich offen für die Frage, ob die Kriterien dafür, was eine „terroristische Vereinigung“ sei, vielleicht überdacht werden müßten. Wenn in Gruppen skandiert würde: „Ausländer raus“, könne dies vielleicht bereits ein Hinweis sein.

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