: Zoo-Gäste bei Hagenbeck eingesperrt
■ Zoo-Gegner blockierten Hamburger Tierpark / Auflösung aller Zoos gefordert / "Käfige machen Tiere psychisch krank"
/ Auflösung aller Zoos gefordert / »Käfige machen Tiere psychisch krank«
Noch vor Tagen hatte Hamburgs Zoo-Chef gespottet: „Die sind beim letzten Mal auch nur zehn Leute gewesen.“ Diesmal war's anders: 250 TierschützerInnen aus der gesamten Bundesrepublik belagerten am Samstag zwei Stunden lang Carl Hagenbecks Tierpark. Motto: „Öffnet die Käfige bei Hagenbeck. Schließung aller Zoos.“ Die Polizei löste die Blockade auf. Doch die Tierschützer versprachen: „Eins zwei drei, laßt die Tiere frei — vier, fünf sechs, sonst komm' wir mit der Flex.“
Es ist nicht nur der tragische Tod eines Hagenbeck-Delphins vor laufender Fernsehkamera, der die Zoos wieder in die öffentliche Kritik gebracht hat. Verhaltensgestörte Affen auf Beton, „webbende“ Elefanten, angekettet in engen Gehegen, apathisch durch ihr „Zwingertrauma“ hin- und herirrende Tiger, Löwen und Leoparden — alles Symptome, die für schwere psychische Schädigungen sprechen, die in den Zoos bei den Tieren zu beobachten und dort Alltag sind. Denn: Den exotischen Tieren fehlt die natürliche Umgebung, fehlt der Freiraum, fehlen die Artgenossen, fehlt die natürliche Beute und die natürlichen Feinde.
Zoodirektor Carl Hagenbeck verteidigte während des Protestes seinen Tierpark und den Zoo in der Funktion als „Notausgang zur Natur.“ Hagenbeck: „Wenn wir die Umweltprobleme der Erde lösen wollen, müssen wir das Bewußtsein bei den Menschen ändern.“ 30 Millionen Menschen würden jährlich Zoos besuchen, um Kontakt zu Tieren zu finden, den sie anderswo nicht mehr haben. Hagenbeck: „Hier können Menschen Tiere kennenlernen und begreifen: Die Tiere sind hier sozusagen Botschafter ihres Lebensraums.“
Das sehen die Tierschützer ganz anders: „Zoos sind eine Ansammlung von psychisch krankgemachten Tieren in Gefangenschaft.“ Die Käfige seien „Knäste“, die artfremde Aufbewahrung „Folter“: „An die Stelle eines natürlichen Tagesablaufs in freier Wildbahn tritt tödliche Langeweile“, so ein Zoogegner: „Wir lernen nicht, wie Tiere in ihrer natürlichen Umgebung leben, unsere Kinder lernen nur, Tiere einzusperren und in Käfigen zu halten.“
In England konnten militante Tierschützer Erfolge verbuchen: Nachdem Tierbefreier erfolgreich drei Meeressäuger aus der Gefangenschaft befreien konnten, hat nun auch das letzte von 30 Delphinarien auf der Insel seine Tore geschlossen. Am Samstag begnügten sich die ProtestlerInnen vorerst damit, für 30 Minuten die Hagenbeck- Pforten gänzlich zu blockieren. Besucher waren — wie die Tiere auch — eingesperrt. 100 PolizistInnen drängten die Demonstranten ab und befreiten die Zoo-Gäste — die Tiere müssen hingegen weiter in den Knästen bleiben. Kai von Appen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen