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Wo gibt es schuldlose Soldaten?

■ betr.: "Türkei: Anschlag auf Armeeangehörige", taz vom 27.5.93

betr.: „Türkei: Anschlag auf Armeeangehörige“, taz vom 27.5.93

Geschickt lanciert Ömer Erzeren diesen Artikel durch das Heranziehen von Zitaten aus der konservativen Ecke in jene Richtung, wie es auch die offizielle türkische Presse und kemalistische Politik praktizieren. Im Endeffekt bleibt bei den Lesern, die nicht mit der türkischen Kurdistanpolitik vertraut sind, der Eindruck, daß die Kurden den Friedensprozeß gestört haben. Dabei waren gerade sie es, die diesen überhaupt erst in Gang gebracht haben. Leider ohne große Resonanz – nicht von der Weltöffentlichkeit, geschweige denn der Türkei.

[...] Seit dem Waffenstillstand vom 16. März sind in den kurdischen Provinzen insgesamt 87 Guerillas und 27 Zivilisten ermordet worden und es gab 21 Verletzte. 30 Dörfer sind laut Gündem total zerstört worden und können von der Landkarte entfernt werden. Jene Kurden, die sich weigern, dem Staat zu dienen und Verrat zu üben, werden mit Gewalt aus ihren Dörfern vertrieben – in Sason allein 15.000 Menschen. Offiziell erlaubte kurdische Musikkassetten werden wieder zurückgezogen und verboten, willkürlich wird verhaftet und festgenommen. Ist das etwa die Antwort auf das Waffenstillstandsangebot der PKK?

Die vielgepriesenen und zurückgezogenen Teilamnestieüberlegungen des türkischen Staates, mit denen er sich fortschrittlich profilieren möchte, sind nur ein weiteres taktisches Manöver, um die kurdische Bewegung zu spalten und zur Aufgabe ihres Selbstverteidigungskampfes zu bewegen.

Im übrigen, wo gibt es „schuldlose“ Soldaten? In 69 Tagen hat die PKK keinen einzigen Schuß abgegeben – soll aber weiterhin das Gemetzel dulden. Diese „schuldlosen“ Soldaten waren speziell ausgebildete Einheiten, die sich auf den Kampf gegen Kurden konzentrieren. Sie bewegen sich als eine Besatzungsmacht auf fremden Territorium.

[...] Den „staatlichen Repressionen“ stellt Herr E. den kurdischen „Terrorismus“ gegenüber. Somit führt er den gleichen Begriffskrieg fort, wie sie die Vertreter der türkischen Republik seit Jahrzehnten propagieren. [...]

Wir müssen feststellen, daß die Presseberichterstattung, und da ist die taz leider keine Ausnahme, gewaltorientiert ist. Den gewaltlosen Perspektiven in Kurdistan, und davon gibt es eine ganze Variationsbreite, werden keine Chancen eingeräumt. Wenn wirklich ernsthafte Angebote an die Kurden gemacht werden würden, wären sie sicher die Ersten, die der Gewalt absprächen, denn schließlich sind sie die Opfer der Gewalt. Man sollte zudem nicht aus den Augen verlieren, daß es gerade diese Gewalt war, hier geächtet und vorschnell als „Terrorismus“ verurteilt, die dem kurdischen Volk sein jetziges Selbstvertrauen gab.

Der bewaffnete Kampf und auch die parlamentarische Option schließen sich nicht aus (wie Ömer E. meint), sondern müssen in der jetzigen Situation Hand in Hand gehen, um nicht überrannt zu werden. Kurdische, deutsche, türkische

StudentInnengruppe Kurdistan

an der Gh Kassel

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