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Familienstreit in Kambodscha

■ Prinz Ranariddh gegen Koalition seines Vaters Sihanouk

Bangkok (taz) – Familienkrach im Königspalast am Ufer des Tonle Sap in Phnom Penh: Nachdem der Übergangsstaatschef Prinz Norodom Sihanouk am vergangenen Donnerstag eigenmächtig eine Übergangsregierung ausgerufen hat, zeigt ihm sein Sohn Prinz Norodom Ranariddh nun die kalte Schulter. Ranariddh, Vorsitzender der royalistischen FUNCINPEC-Partei, sollte, so Vater Sihanouk, mit der Kambodschanischen Volkspartei (CPP) des 1979 von Vietnam eingesetzten Premiers Hun Sen eine Koalition eingehen.

Die beiden Parteien sind als stärkste Gruppierungen aus den Parlamentswahlen hervorgegangen, erreichten aber keine absolute Mehrheit der 120 Sitze der Nationalversammlung. FUNCINPEC erhielt 57 Sitze, die Volkspartei, die bis zur Ankunft der Vereinten Nationen eine Einparteienherrschaft ausübte, 53. Ganze 18 Stunden überlebte die Sihanouk-Regierung – der Prinz hatte sich zum Premier, Hun Sen und seinen Sohn zu seinen Stellvertretern ernannt. Daraufhin kritisierten die FUNCINPEC und die UNO-Übergangsbehörde in Kambodscha, UNTAC, die Regierungsbildung sei ein Staatsstreich, der Prinz sei nicht ermächtigt, Koalitionen auszurufen, bevor die Nationalversammlung zusammengetreten sei. Prinz Sihanouk zog seine Entscheidung zurück.

Brüskiert sind nun nicht nur Hun Sen und sein Volksparteichef, der Hardliner Chea Sim, mit dem Sihanouk angeblich den Koalitionsdeal ausgehandelt hatte, sondern vor allem auch der eigene Sohn. Ranariddh war zu Besuch in Bangkok, als der Vater eigenmächtig die Koalitionsregierung ausrief. Seine Partei hatte der Volkspartei in den vergangenen Monaten einen erbitterten Wahlkampf geliefert, der Dutzende von Toten gefordert hatte. „Eine Koalition mit Hun Sen“, so erklärte Ranariddh am Wochenende, „kommt für uns nicht in Frage.“ Die kambodschanischen Wähler hätten sich gegen eine kommunistische, von Vietnam eingesetzte Diktatur entschieden.

Am Sonntag konterte der Vater: „Ranariddh unterläuft meinen Versuch, eine Regierung der nationalen Wiederversöhnung zu bilden. Innerhalb von einem Tag kann ich eine solche Regierung bilden, wenn die FUNCINPEC mir Autorität gibt.“ Doch diese liebäugelt mit der Buddhistischen Liberal-Demokratischen Partei Son Sans (BLDP), die zehn Sitze bei den Wahlen erreicht hat und somit der FUNCINPEC für die Verabschiedung einer neuen Verfassung die nötige Zweidrittelmehrheit in der Nationalversammlung bringt. Die Verfassung muß in 90 Tagen verabschiedet sein. Doch die brüskierte Volkspartei zeigt sich jetzt noch weniger kooperationsbereit mit der FUNCINPEC als zuvor.

Premierminister Hun Sen hatte bereits vor Ende der Stimmenauszählung Wahlbetrug zugunsten der Sihanoukisten reklamiert. Polizei und Armee sowie die gesamte Bürokratie des Landes stehen unter Kontrolle der Volkspartei und werden mit einer künftigen Regierung ohne Beteiligung der CPP kaum zusammenarbeiten. Hun Sen bezeichnet seine Sicherheitskräfte als „Streitkräfte der Partei“ und nicht als Organe des Staates Kambodscha.

Die „Partei des Demokratischen Kambodscha“, die Roten Khmer, lehnt ihrerseits eine Zusammenarbeit mit Huns Sens Volkspartei ab, wollen aber an einer künftigen Regierung beteiligt sein, obwohl sie die Wahlen boykottiert hatten. Dies lehnen bislang sowohl FUNCINPEC als auch BLDP ab. Prinz Norodom Sihanouks Plan war es, eine Vierparteienregierung der Wiederversöhnung zu bilden. Doch dabei hat er offensichtlich nicht das neue demokratische Bewußtsein seines Volkes einkalkuliert. „Ich wollte nur neues Blutvergießen vermeiden“, entschuldigt der Prinz seinen mißlungenen Staatsstreich. „Papi ist seinem Sohn nicht böse“, meinte er am Sonntag. Doch dürfe Ranariddh nicht vergessen, daß dieser nur mit dem Namen Prinz Norodom Sihanouk die Wahl gewonnen habe. Der Prinz, zwei Jahrzehnte Feudalherrscher Kambodschas, gilt heute noch bei der älteren Generation der Khmer als Vaterfigur. Gleichzeitig ist er für seine unberechenbaren Intrigen und Rankünen gefürchtet. Und diese wird nicht die letzte gewesen sein. Peter Dienemann

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