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UNO in Somalia ratlos

Die UNO-Mission in Somalia steckt in einer Vertrauenskrise / Ist mehr Militär wirklich die Lösung?  ■ Von Dominic Johnson

Berlin (taz) – In Somalias Hauptstadt Mogadischu ist am Wochenende ein Alptraum wahr geworden. Was vor fast genau einem halben Jahr als humanitäre Intervention mit dem Ziel der Rettung somalischen Lebens begonnen hatte, wird nun zur kriegerischen Konfrontation, in der Somalier und Intervenierende sterben.

Der Tod von 22 pakistanischen Blauhelm-Soldaten bei Kämpfen mit den Anhängern des somalischen „Warlords“ General Aidid hat in UNO-Kreisen zu einer verbalen Hysterie geführt, die sich in der Sicherheitsratsresolution 837 nur ungenügend ausdrückt. In den Diskussionen vor Annahme der Resolution hatte Pakistan eine direkte Nennung Aidids gefordert, was allerdings vom Sicherheitsrat abgelehnt wurde – ansonsten müßte die UNO den mächtigsten Warlord Somalias festnehmen und vor Gericht stellen.

Pakistan, das 4.700 Blauhelmsoldaten nach Somalia entsandt hat, drängt auf eine schärfere Gangart, weil pakistanische Berichte über die Vorfälle vom Wochenende die Vermutung nahelegen, daß auch schlampige Organisation der UNO für den Tod so vieler Soldaten verantwortlich sein könnte.

Die pakistanischen Soldaten, so die Darstellung des pakistanischen Blauhelmkommandos in Mogadischu, wurden bei einem Lebensmittelverteilungszentrum von Somalis auf Lastwagen beschossen, während die anwesenden Frauen und Kinder als „menschliche Schilde“ die somalischen Kämpfer abschirmten. Es habe zwei Stunden gedauert, bevor italienische Verstärkungstruppen eintrafen, und in der Zwischenzeit sei den schlecht ausgerüsteten Pakistanis die Munition ausgegangen. Mehrere seien als Geiseln genommen worden.

Soldaten aus Pakistan hatten Anfang Mai die Sicherung Mogadischus von den USA übernommen – zu einem Zeitpunkt, als die Beziehungen zwischen den Hauptstadtbewohnern und den Interventionstruppen bereits auf einem Tiefpunkt angelangt war. Ob jetzt die Beschlüsse des Sicherheitsrates die beklagten Mängel in der Organisation der UNO-Mission in Somalia beheben können, ist fraglich. Die Mission „UNOSOM II“, die Anfang Mai offiziell das Kommando über Somalia von der im Dezember 1992 stationierten Interventionstruppe unter US-Führung übernommen hatte, krankt an Geldmangel. Statt der angepeilten 28.000 Blauhelme sind bisher nur 18.000 stationiert. Mit der Begründung fehlender finanzieller Entschädigung für vorherige Blauhelmeinsätze haben Argentinien, Indien, Indonesien und Jordanien ihre Truppenzusagen widerrufen. Die verabschiedete Resolution bittet erneut um die Stationierung der fehlenden Truppen – doch das Geldproblem ist noch ungelöst.

Aidid weiß um diese Schwächen der UNO-Mission, und hat ebenfalls gemerkt, daß die UNO noch keine konkreten, langfristigen politischen Konzeptionen für Somalia entwickelt hat. Seine Strategie seit dem Einmarsch der ersten US- Soldaten im Dezember 1992 ist daher darauf ausgerichtet, sich für jeden politischen Schritt der Intervenierenden unentbehrlich zu machen, um seine zukünftige Macht zu sichern. Im März, als die UNO in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba eine Nationale Versöhnungskonferenz aller politischen Fraktionen einberief, pokerte Aidid mit wiederholten Boykottdrohungen dermaßen hoch, daß er schließlich als faktischer Sieger hervorging: nicht nur akzeptierte die Konferenz die von Aidid gewünschte Freiwilligkeit einer allgemeinen Entwaffnung – Aidid-Anhänger stellen auch nahezu die Hälfte der 74 Mitglieder des gleichzeitig beschlossenen somalischen „Übergangsrates“, der das Land gemeinsam mit der UNO für die nächsten zwei Jahre regieren soll.

Von dieser Position der Stärke aus konnte Aidid ungerührt weiter Druck auf die UNO ausüben. Nachdem diese vor einem Monat das Somalia-Kommando übernahm, wetterte Aidids Rundfunkstation lautstark gegen die Präsenz der UNO und deren „Menschenrechtsverletzungen“. Die Eröffnungssitzung einer Friedenskonferenz in Mogadischu am 29. Mai wurde von Aidid aus Protest gegen die Teilnahme von Anhängern des Ex-Diktators Siad Barre boykottiert, worauf die UNO ihre Finanzierung der Konferenz zurückzog.

Mußten diese Verstimmungen jedoch zum Krieg führen? Die somalische Menschenrechtlerin Rakiya Omaar, die bis Dezember 1992 für die Menschenrechtsorganisation „Africa Watch“ arbeitete, beklagt gegenüber der taz „eine zwanghafte Fixierung der UNO auf eine militärische Lösung für ein eigentlich politisches Problem“ und fordert: „Die UNO muß ihre Arroganz aufgeben und den Somaliern zuhören. Sie hat noch nie mit einfachen Menschen gesprochen. Man muß die Strukturen der Zivilgesellschaft aufbauen.“ Dies würde zum Wiederaufbau des zerstörten Landes beitragen und auch Vertrauen in die UNO wecken.

Die anvisierten Militäraktionen, so Rakiya Omaar, seien zwar „gut für die TV-Kameras, aber wirkungslos für die Situation im Land. Die UNO hat doch keine Ahnung, wo die Waffenlager sind. Und die Warlords fürchten die UNO nicht. Sie haben jetzt gesehen, wie leicht es ist, die UNO zu besiegen.“

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