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Lifestyle im Megatrend

Mit großem Aufwand initiiert die Sportartikelfirma adidas das Mammutprojekt „Streetball Challenge 93“, damit die Kassen wieder klingeln  ■ Von Jürgen Schulz

Berlin (taz) – Selten hörte man eine solche Fülle von Teenagerfloskeln aus erwachsenem Mund. Die „Kids“ hätten einen „echten Megatrend“ kreiert, der einen solchen „Event“ erst möglich mache, lobpreisen die Promoter aus dem Hause adidas das, was da kommen wird. Die Rede ist vom Finale des „Streetball Challenge 93“ in Berlin. Am 14. und 15. August werden sich vor dem Olympia-Stadion 2.400 Jung-People ab zehn Jahren, gesplittet in 600 Vierermannschaften, um den Titel eines Champions im Freiluft-Basketball balgen. „Berlin ist somit die europäische Hauptstadt im Streetball“, dem „Lifestyle der Generation zwischen zwölf und zwanzig“, holt adidas-Pressesprecher Jan Runau weit aus.

Bis es soweit ist, steigen im Vorfeld noch diverse Qualifikationsturniere in Stuttgart, München, Dortmund sowie Frankfurt mit schätzungsweise mehr als 10.000 ballgewandten Youngstern. Streetball nennt sich diese leicht abgewandelte Mobil-Version der überdachten Korblegerei namens Basketball, weil sie in den Straßen von San Francisco ebenso ausgeübt werden kann wie in den Hinterhöfen von Kreuzberg. Ein Basketballkorb und sechs Spieler genügen, das Ganze garniert man mit einem Schuß HipHop aus der Tonkonserve plus einigen Dosen Spray zum Graffiti-Sprühen – fertig ist das Ambiente dieser Jugendkultur aus den Vereinigten Staaten. Jedenfalls will es die Legende so.

„Streetball bedeutet Fun und Sport“, weiß Runau, der vor allem die „Spontaneität und Unabhängigkeit“ der Kult-Jugend lobt. Allzu viel Unabhängigkeit wäre aber des Schlechten zuviel; schließlich ist adidas nicht der „Christliche Verein Junger Männer“. So verspricht sich Runau von dieser großangelegten „Aktion, die das Image von adidas verbessern soll“, einen lukrativen Einstieg des fränkischen Markenartiklers in die heißumkämpfte Käuferschicht der Teens und Twens.

Runau verschweigt geflissentlich, daß sein Arbeitgeber eigens zur Streetball-Promo-Tour, die noch nach Spanien, Italien, Lettland oder Island führen soll, eine Modekollektion für die Street-Kaids entworfen hat, die schnell mehrere hundert Mark verschlingen kann. Süßer die Kassen nie klingeln. Denn ohne die Uniform der ach so unabhängigen Straßenkinder, bestehend aus knöchelhohen Basketballstiefeln, knielangen Hosen, flatternden Shirts sowie Baseballmütze, wird kein noch so perfekter Streetballer von den Mitspielern richtig ernst genommen werden. adidas hat die Zeichen der Zeit offenbar nun erkannt.

Zu lange war die Firma aus dem fränkischen Herzogenaurach dem Zeitgeist erfolglos hinterhergehechelt. Die Jogging-Welle der achtziger Jahre beispielsweise wurde glattweg verschlafen. Anstatt mit kessen Sprüchen und allerlei Firlefanz um die vielen modebewußten Feierabend-Athleten zu buhlen, war man im weltabgewandten Frankenland damit zufrieden, die deutschen Nationalkicker unter Vertrag zu haben. Dies rächte sich bitter: Während sich Firmen wie Reebok oder Nike mit modischem Schnickschnack am Marathon-Fieber eine goldene Nase verdienten und selbst Hooligans andernorts schicke Treter fanden, fielen die adidas-Aktien in den Keller.

Jetzt keimt in Herzogenaurach neue Hoffnung auf. „Ich bin sicher, daß wir beim Streetball auf ein längerfristiges Bedürfnis der Jugend gestoßen sind“, verbreitet Michael Klein, Produktmanager bei adidas, wahre Goldgräberstimmung: „Wir werden auch 1994 am Ball bleiben.“ Es sei denn, Streetball würde sich als Eintagsfliege entpuppen wie seinerzeit die mächtig aufgebauschte Aerobic-Welle. Aber auf unsere heutige Jugend ist Verlaß.

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