: Vier Fässer für Hamburg
■ Greenpeace-Schiff "Solo" mit verseuchtem Sallafield-Boden an Bord
»Solo« mit verseuchtem Sellafield-Boden an Bord
Heiße und strahlende Fracht für Hamburg: Am Freitag wird das Greenpeace-Aktionsschiff „Solo“ mit vier Fässern radioaktivem Sand aus der Umgebung der englischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield an den Hamburger Landungsbrücken festmachen. Der Sand ist so hoch belastet, daß er nach der deutschen Gesetzgebung radioaktiver Abfall ist.
Am kommenden Montag wollen Aktivisten der Hamburger Umweltschutzorganisation die strahlenverseuchte Erde der in Berlin tagenden Parcom-Kommission übergeben. Parcom ist eine europäische Komission, die unter anderem die radioaktive Einleitung ins Meer reglementiert.
Mit dieser Aktion will Greenpeace dagegen protestieren, daß europäische Länder abgebrannte Brennelemente aus ihren Atomkraftwerken zur Wiederaufbereitung in die dafür eigens errichtete neue Anlage „Thorp“ nach Sellafield schicken. Nach Auffassung von Greenpeace machen sich die deutschen Energiekonzerne unmittelbar an der „weiträumigen und massiven radioaktiven Verseuchung der Umgebung und des Meeres mitschuldig“, wenn sie ihre Brennelemente in England wiederaufbereiten lassen.
Schon jetzt haben Analysen der Uni Manchester ergeben, daß Sandproben, die an der gleichen Stelle entnommen worden waren wie der Sand an Bord der „Solo“, Aktivitätskonzentrationen von bis zu 13 000 Becquerel Cäsium 137, 27 000 Becquerel Americium 241 und 10 800 Becquerel Plutonim 239/40 pro Kilogramm aufweisen. „Geht die neue Wiederaufbereitungsanlage in Sellafield für deutsche Kunden in Betrieb, werden sich die radioaktiven Emissionen der Gesamtanlage um die 1000 Prozent erhöhen“, so Greenpeace- Atomexperte Roland Hipp. Nach seinen Berechnungen wird die gesamte Anlage jährlich 27,5 Millionen Curie Radioaktivität freisetzen. Zum Vergleich: In Tschernobyl wurden 1986 während des Super- Gaus nach offiziellen Angaben 50 Millionen Curie freigesetzt. Allein aus deutschen Atomkraftwerken sollen 885 Tonnen verarbeitet werden.
Bei ihrer Sitzung wird sich die Parcom mit der Situation in Sellafield und der geplanten Inbetriebnahme der „Thorp“-Anlage befassen. Roland Hipp: „Die Parcom hätte durch eine eindeutige Stellungnahme die Möglichkeit, die Inbetriebnahme der Anlage zu verhindern.“ Die Fässer mit dem verseuchten Boden sollen die Entscheidungswilligkeit der Kommission beflügeln. Kai von Appen
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