: „Wieviel Gewerkschaft erträgt das Theater?“
■ Senatorin Trüpel über die Zukunft des Theaters
Seit Hansgünther Heyme das Bremer Theater „in einem Jahr ruiniert“ hat, wie Hans Kresnik neulich der taz steckte, rennet alles und rettet: Schon im August will Kultursenatorin Trüpel dem Theater einen neuen Chef beschafft haben. Jawohl, es dränge die Zeit, sagte sie gestern der Presse; sie wolle keinesfalls zaudern, „bloß damit man nachher meinen kann, es sei öffentlich diskutiert worden“. Es gibt nicht einmal mehr eine Findungskommission; es geht vielmehr mit voller Rasanz und geradezu Riskanz in die nächste Runde.
In der halböffentlichen Sphäre allerdings läßt sich die Senatorin sehr wohl beraten, z. B. vom ehemaligen Mannheimer Intendanten Arnold Petersen. Der fordert seit langem eine Strukturreform fürs Theaterwesen. Sein Vorschlag: die kaum mehr beweglichen Apparate, inzwischen gestählt von sieben verschiedenen Tarifverträgen, im Kunstinteresse auflösen und dafür flexible Produktionsteams bilden; vier Wochen Klotzen bis zur Premiere, dann zwei Wochen frei.
„Die Frage wird sein: Wieviel Gewerkschaft braucht ein Theater,“ sagt die Senatorin kalten Bluts, „und wieviel erträgt es?“ Jedenfalls habe sie flexibilisierungswillige Chefaspiranten an der Hand; selbst der Betriebsrat sei nicht direkt dagegen.
Wie es weitergeht bzw. wo geknapst werden kann, hängt ja auch von der berühmten Frage ab, wie lange Hans Kresnik noch bleibt. Im Juli will Berlins Kultursenator Roloff-Momin offenbaren, ob er ihn bezahlen kann; Helga Trüpel weiß allerdings auch schon von Angeboten aus zwei weiteren Städten.
Apropos Berlin: Von abweichenden Leitungsmodellen, wie sie dorten dreier- bis fünferbandenweise getestet werden, hält sie gar nichts: „Das ist doch alles gescheitert.“ Dafür könnte der kollektive Gedanke im „Concordia“ Unterschlupf finden, welches eh langsam aus Geldmangel zu einer Theaterbrache verwildert. Dort will sie ein kleines Zentrum für die hiesige freie Szene nicht ausschließen, wer weiß.
Das Ernst-Waldau-Theater schließlich, wo wir schon grad dabei sind, wird auch bald wieder ins Gerede kommen: Die Senatorin will nämlich der Kulturdeputation vorschlagen, dieser Immobilie wegen erwiesener Unheilbarkeit zum nächsten Sommer den Saft abzudrehen: „So kann das ja überhaupt nicht weitergehen!“ Und es rollt schon von ferne der Donner heran. schak
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