piwik no script img

Sowieso Realist

■ Aleksandrs Dembo, Grafiker aus Riga und Gastprofessor an der Hochschule für Künste, stellt in der HfK aus

„Es gibt wirklich so etwas wie eine 'Nach-Thiele-Periode' bei uns in Riga, keine Ahnung, wie es bei mir sein wird.“ Aleksandrs Dembo von der Lettischen Kunstakademie in Riga gibt sich sympathisch kokett. Er ist zur Zeit Gastprofessor für manuellle Druckgrafik an der Bremer Hochschule für Künste (HfK), ein Jahr, nachdem HfK-Professor Rolf Thiele in Lettland gearbeitet hat. Zum Abschluß seines Semesters zeigt Aleksandrs Dembo nun eine kleine Werkschau in der Galerie der HfK, die gestern abend eröffnet wurde.

Experimentelle Druckgrafik ist Aleksandrs Dembos Spezialgebiet. Er hat selbst an der Kunstakademie in Riga Radierung und Grafik studiert, leitete dort später die hauseigene Grafik-Werkstatt, wurde Dozent und schließlich 1983 Professor. „Ich hatte Erfolg, ja“, sagt er, der seit zehn Jahren Präsident der Künstlervereinigung von Lettland ist, „denn ich habe immer so gearbeitet, wie ich wollte. Natürlich wurden meine Werke — auch von staatlicher Seite — immer mal wieder kritisiert; wenn die Menschen auf meinen Bildern große Füße hatten, hieß es gleich: aha, er haßt die Arbeiter.“ Nie jedoch wurde Aleksandrs Dembo in seinem Schaffen restringiert, seit Ende der 60er Jahre galt er vielmehr als internationaler Vorzeigekünstler der Sowjetunion. Das Baltikum hatte schon damals eine Art Vorreiterolle für die „freie Kunst im Sozialismus“. „Das hängt mit unserer geographischen Nähe zum Westen, aber auch mit unserer Mentalität zusammen; bei uns in Lettland war es Tradition, in der Kunst unpolitisch oder nur versteckt politisch zu sein.“ Auch der Begriff von Realismus war im Baltikum stets ein anderer gewesen als der in der restlichen Sowjetunion. „Ich selbst bin sowieso Realist, vielleicht manchmal Surrealist, ich arbeite mit konkreten Dingen.“

Und mit zwinkerndem Auge. Aleksandrs Dembo spielt in seinen Bildern mit Themen und Techniken. Verarbeitet Krieg und Naturzerstörung, läßt sich von indianischer Kultur faszinieren, collagiert das Innenleben seines Computers, arbeitet mit den verschiedensten zum Teil ganz eigenen Druckverfahren — seine Drucke wirken oftmals wie gemalt. „Ich bin in meiner Arbeit individueller geworden, und diese Erfahrung möchte ich gerne weitergeben.“ Silvia Plahl

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen