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■ KommentarVolkspartei in Grün

KOMMENTAR

Volkspartei in Grün

Die Volksparteien sind tot – es lebe die Volkspartei. Erstmals empfinden Hamburgs Grüne ihre Vielfalt nicht als Belastung, sondern als politischen Reichtum. Marktwirtschafts-Yuppies, Basisdemokraten, moderne Gewerkschafter und aufgeklärte neue Mittelschichten, aber auch Frauenbewegte und neue Väter, Reformer und Revolutionäre, Arbeitslosen-Inis, Sozialisten, Schwule, ausgegrenzte Kids und die vergessene Rentnergeneration – sie alle können sich in der erneuerten grünen Partei wiederfinden. Am Krankenbett der alten Volksparteien hat der zwölf Jahre junge Parlamentsfrischling plötzlich zu sich selbst gefunden. Die grünen Parteitage der vergangenen beiden Wochenenden ließen die Beobachter nicht mehr aus dem Staunen herauskommen. Wo waren die erbitterten Linienkämpfe geblieben? Wo die persönliche Diffamierung? Wo das trotzige Bekenntnis, einen interessiere nur der kleine revolutionsbereite Kern aus Szene und Entrechteten?

Stattdessen gab es ein Bekenntnis zur Einheit in der Vielfalt: Konzentriert und kompetent wurde um Positionen und Personen gerungen. Demokratisch und erwachsen, bunt und kompetent – Hamburgs Grüne haben einen Riesensatz nach vorn gemacht. Auch im Bürgerschaftswahlkampf: Als einzige haben sie schon Personen und Programm.

So beeindruckend diese Fortschritte auch sind: Den Grünen fehlt es an Konzepten, die klipp und klar sagen, was wie und wann in Hamburg realistisch verändert werden kann. Die Personaldecke ist dünn, Professionalität an vielen Stellen Mangelware, der neue Kurs muß sich erst bewähren. Dennoch: Die Grünen sind heute Hamburgs modernste Partei. Und damit ist ein Machtmonopol der SPD in Gefahr: Das 130jährige Abonnement auf Fortschrittsversprechen. Florian Marten

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