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Kunst mit Erlös

■ „Künstler bekennen Farbe“ im Neustädter Bahnhof: Eine Versteigerung

Ein Gong ertönt. Nur noch fünf Minuten Zeit, um mitzuhalten. Nervös tigern VernissagebesucherInnen um ihre Beutestücke, beobachten die Konkurrenz, taxieren, überbieten, werden überboten: ein zäher Kampf im alten Wartesaal, zwischen ratternden Zügen auf der Bremen-Oldenburg-Strecke und der lauten Hochstraße.

Nach zwei Stunden ist die Versteigerung im stillgelegten Neustädter Bahnhof zugunsten der Bürgerkriegsopfer im ehemaligen Jugoslawien beendet, das Konzept des „Projekts Neustädter Bahnhof“ aufgegangen: Rund 150 BesucherInnen sind am Freitag abend zur Benefizveranstaltung gepilgert, für 7.000 DM wurden Kunstwerke versteigert.

Ungewöhnlich war an diesem Abend nicht nur das Ausstellungsmotto „Künstler bekennen Farbe“, sondern auch die amerikanische Versteigerungsmethode: die Interessierten müssen sich in Angebotslisten eintragen. Rund 60 KünstlerInnen von Bernd Bergkemper bis Bernhard Wimmer, von Sylvia Dirks bis Susanne Schossig machen bei dieser Verkaufsausstellung mit. „Ich dachte gar nicht“, erzählte Veranstalter Francis Segond während der Eröffnung, „daß es in Bremen so viele Künstler gibt.“

Wer allerdings ausschließlich künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Ex-Jugoslawien erwartet hatte, lag falsch. Die meisten KünstlerInnen haben für das kurzfristig geplante Projekt ein typisches Werk aus ihrem Atelier gestiftet.

Bevor die Lücken der verkauften Bilder dieser vierten Ausstellung des „Projekts Neustädter Bahnhof“ wieder aufgefüllt werden, atmen die Veranstalter erst einmal tief durch. Denn die Mitternachts-Bilanz zeigt: Der Bahnhof zwischen Gleisen und Hochstraße hat seine Premiere als Auktionshaus bestanden.

Sabine Komm

Die Verkaufsausstellung ist bis zum 31. August jeweils am Donnerstag, Samstag und Sonntag von 16 bis 19 Uhr geöffnet.

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