: Neue Verfassung für Bremen
■ Ausschuß-Vorschläge: Zwei-Drittel-Mehrheit bei Änderungen und Parlamentsauflösung
In Zukunft sollen Verfassungsänderungen in Bremen mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit möglich sein; das Parlament soll sich selbst auflösen können; die Deputationen werden abgeschafft; Volksbegehren werden erleichtert, ein „Bürgerbegehren“ eingeführt. Das sind die wichtigsten Änderungen, auf die sich der Bürgerschaftsausschuß „Bremens neue Verfassung“ geeinigt hat. Letzte Woche stellten Vertreter der vier Fraktionen das einstimmig beschlossene Paket vor. Die Vorschläge der Kommission werden im August zur Beratung in die Bürgerschaft eingebracht.
Zum ersten Mal seit 1947 werden die BremerInnen dann im nächsten Sommer wahrscheinlich per Volksentscheid über die Änderung ihrer Verfassung abstimmen müssen. Denn die benötigte Einstimmigkeit im Parlament wird voraussichtlich an der DVU scheitern. „Ich renne denen nicht nach“, sagt der Ausschußvorsitzende Manfred Fluß (SPD). „Notfalls machen wir einen Volksentscheid. Die Rechtsradikalen haben ohnehin nur an einer von insgesamt 23 Ausschußsitzungen teilgenommen.“
Eine vollstädnige Überarbeitung der Landesverfassung sei in der kurzen Zeit nicht möglich gewesen, betonte Fluß. „Unsere Grundprämisse war, daß die Verfassung sich im Prinzip bewährt hat, daß wir ihre Tradition achten wollten und daß sich die Kosten der politischen Führung Bremens nicht vergößern dürfen.“ Von den etwa vierzig Änderungsvorschlägen, die der Ausschuß in 15 Monaten erarbeitet hat, sind die wichtigsten:
Abschaffung der Einstimmigkeit. Verfassungsänderungen sollen in Zukunft — wie in den anderen Bundesländern und im Bund — mit Zwei-Drittel-Mehrheit möglich sein.
Selbstauflösung der Bürgerschaft. Mit einer Zwei-Drittel- Mehrheit kann die Bürgerschaft „die Wahlperiode verkürzen“ und Neuwahlen ansetzen. Die aktuelle politische Lage ermögliche nach Wahlen ein Patt in der Bürgerschaft, bei dem nach der jetzigen Verfassung „das Parlament vier Jahre ohne Senat“ verbringen müßte.
Erleichterung des Volksbegehrens. Statt bisher 20 Prozent der Wahlberechtigten sollen nun 10 Prozent ausreichen, um ein Volksbegehren in Form eines Gesetzentwurfes an die Bürgerschaft zu stellen. Wer nicht ein ausgearbeitetes Gesetz zur Abstimmung stellen lassen will, soll sich in Zukunft des Bürgerbegehrens bedienen können. Hier sollen 10.000 Unterschriften der volljährigen BremerInnen — also auch von AusländerInnen — ausreichen, um ein Thema auf die Tagesordnung der Bürgerschaft zu setzen.
Abschaffung der Deputationen. Die Deputationen sollen grundsätzlich abgeschafft und durch Parlamentsausschüsse ersetzt werden. Senatoren sollen nicht länger die Gremien leiten, Nicht-Abgeordnete bleiben vor der Tür. In einem Deputationsgesetz soll geregelt werden, welche Ausschüsse (Personalfragen, Grundstückskäufe) möglicherweise Deputationen bleiben können. Die Zahl der Ausschüsse soll auf einen pro Senator begrenzt werden.
Die Vertreter der Ampelkoalition zeigten sich mit den Vorschlägen zufrieden. Peter Kudella, Fraktionsvorsitzender der CDU, forderte trotz Zustimmung zu dem Paket die Verringerung der Abgeordneten von jetzt 100 auf 51. Eine solche Regelung wurde von der Kommission abgelehnt, da dies in letzter Konsequenz die Schaffung einer stadtbremischen Stadtverordnetenversammlung bedeuten würde — und deren Kosten würden den Einsparungseffekt durch die Parlamentsverkleinerung zunichte machen. Aus der Verfassung soll nur die Zahl 100 gestrichen werden. Nicht durchsetzen konnte sich die CDU mit der Einführung einer Richtlinienkompetenz für den Bürgermeister. Der soll aber in Zukunft von der Bürgerschaft direkt gewählt werden.
Bernhard Pötter
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