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Guter Rat soll Geld kosten

■ Öffentliche Rechtsberatung in Bremen am teuersten / Gebühr von 20 Mark einführen?

Werden in der öffentlichen Rechtsberatung Bremens bald niedersächsische Verhältnisse herrschen? In Niedersachsen nämlich müssen sich Ratsuchende zuerst beim Amtsgericht ihre Bedürftigkeit bestätigen lassen und dann noch beim Rechtsanwalt 20 Mark berappen. „Das ist eine hohe Schwelle“, findet Martin Lemcke von der Rechtsberatung der Angestelltenkammer. In Bremen ist die Beratung für Leute mit niedrigem Einkommen kostenlos und wird außerdem recht unbürokratisch bei den Arbeitnehmerkammern gewährt.

Doch der Justizsenator will sparen, am liebsten 250.000 Mark, also fast ein Drittel der Kosten. Dabei ist die öffentliche Rechtsberatung seit 1980 eine Pflichtaufgabe der Länder. Voraussetzung: Die Ratsuchenden dürfen nicht über eine bestimmte Einkommensgrenze hinaus verdienen; in den anderen Bundesländern liegt diese Grenze für eine Alleinerziehende mit einem Kind bei einem Monatsverdienst von 1.300 Mark netto; in Bremen rechnet man mit Bruttoverdiensten (Alleinerziehende mit Kind etwa 2.500), die Grenze liegt also etwas höher.

Grund für diese Besonderheit Bremens: Schon lange vor der bundesweiten Einführung der Öffentlichen Rechtsberatung 1980 hatte Bremen eine, durfte also seine Bedingungen beibehalten: keine Gebühr, Beratung bei den Kammern, höhere Einkommensgrenze. Vermutlich hat alles zusammen dazu geführt, daß in Bremen mehr Menschen als anderswo die Öffentliche Rechtsberatung aufsuchen. Die Folge: Hohe Kosten, nämlich 900.000 Mark im vergangenen Jahr für rund 17.000 Beratungen.

„Aber es ist doch sinnvoll, daß möglichst viele Menschen in die Rechtsberatung kommen“, sagt Martin Lemcke: Auf diese Weise ließen sich viele für den Staat kostspielige Prozesse schon im Vorfeld vermeiden. Die RechtsberaterInnen dürfen zwar nicht vor Gericht vertreten, schreiben aber zum Beispiel säumige unterhaltsverpflichtete Väter an oder regeln Streitigkeiten mit Arbeitgebern und Vermietern.

„Aber im Vergleich zu den anderen Ländern sind 900.000 Mark einfach extrem hoch“, sagt Helga Müller vom Justizsenator. Wenn die Ratsuchenden 20 Mark zahlten, ließen sich allein schon geschätzte 200.000 Mark einsparen. SozialhilfeempfängerInnen sollen, so Müller, „natürlich“ nichts berappen.

Sauer sind DAG und DGB aber nicht nur über den 20-Mark- Vorschlag. Am meisten erbost sie die Idee, daß das Justizressort überlegt, für die Beratung von Kammermitgliedern überhaupt keinen Pfennig mehr zu zahlen. Die Kosten für den Service blieben dann an den Arbeitnehmerkammern hängen. Erstattet würden dann nur noch die Kosten der Beratung für Studierende, Hausfrauen, RentnerInnen und SozialhilfebezieherInnen.

„Ein bißchen frech“, findet das der zurückhaltende Lemcke. Frech vielleicht, doch möglicherweise vom Bundesgesetz über die öffentliche Rechtsberatung gedeckt. Da steht nämlich, daß keinen Anspruch hat, wer anderweitige Hilfe „auf zumutbare Weise“ in Anspruch nehmen kann. Gemeint sind beispielsweise die BesitzerInnen einer privaten Rechtsschutzversicherung — ob aber auch die zwangsweisen Mitglieder der beiden Bremer Arbeitnehmerkammern?

„Da wäre es doch ehrlicher, der Senat schafft das Gesetz über die Öffentliche Rechtsberatung überhaupt ab, anstatt sich seiner Verpflichtung durch die kalte Küche zu entledigen“, schimpft Hartmut Frensel, Bremer Geschäftsführer der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG).

Christine Holch

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