: Nachschlag
■ „Pond“ und „Hip Young Things“ im Huxley's jr.
Grunge ist tot, es lebe Portland! Die Stadt, in deren Sound- Gärten das SubPop-Label momentan am meisten wildert und signt, soll das Dorado der besten Gitarren-Acts in den Staaten sein, und falls es doch noch mal die nächsten Nirvana geben sollte, dann von dort. Pond kommen aus Portland, und sie werden nicht „the next big thing after Nirvana“ sein, aber auf fast britische Hype und Weise eilte ihnen schon ein legendärer Ruf voraus, bevor sie überhaupt eine Single draußen hatten.
Mit ihrem Debüt-Album hatten die drei jungen, schamhaften Männer – es heißt, in St. Pauli hätten sie bei ihrer Tour im Vorprogramm der Throwing Muses einen wahren Kulturschock erlitten – den Hype einigermaßen abgefangen: Sie spielen einen kraftvollen und schweren Gitarrenrock, der schon sehr abgehangen und reif wirkt, durch eine Reihe leichter und treffsicherer Melodien sich aber noch die jugendliche Frische bewahrt. Frühe Wire (!) treffen auf späte Das Damen, und fertig ist das Pond-Gericht.
Mit Pond präsentiert Sub Pop eine der ersten Bands seiner Enkelgeneration, die vielleicht sogar Ausharrvermögen und Durchsetzungsfähigkeit auf ihrem Programm stehen hat und möglicherweise das leidige Nachfolgeproblem auf eigene, „frisch nach vorne“-Art lösen kann. Wessen Enkel nun die Hip Young Things aus Bielefeld sein könnten, erschließt sich weniger aus einer Label-Historie als durch das Hören ihres ersten Albums, das sie ganz unschuldig „Deflowered“ betitelt haben. Die Zeit war reif, um, wie uns das Info mitteilt, „ein Statement auf den Weg zur Vollendung einer Idee zu bringen, die noch nicht zu Ende gedacht ist“. Das ist sehr schlau und ziemlich programmatisch. Einfacher kann man es da schon mit den mutmaßlichen Großvätern dieser Idee halten, Dinosaur jr. Buffalo Tom oder die Pixies mag man sie nennen, und – um in Deutschland, speziell in Berlin, zu bleiben – manchmal fühlt man sich an die ersten beiden LPs der Strangemänner erinnert (was Unkompliziertheit und Leichtigkeit anbetrifft). Erfrischender, natürlich auch noisiger, neuer deutsch-amerikanischer Gitarren-Pop. Und wenn, wie in ihrem „Train Song“, eine wehmütig-depressive Grundstimmung noch in ein jubilierendes Gitarren-Finale mündet, kommen Freude und eine Ahnung von Pop-Dialektik auf.
Die Lage der Nation kommt bei den Hip Young Things ausnahmsweise mal nicht zur Sprache, so daß man ihre Musik schön als Anleitung zur emotionalen und körperlichen Bewältigung eines Sommers ohne vorangegangenen Frühling benutzen kann – was bestens funktioniert.
Heute abend gibt es die Enkel im Paket und als korrektes Gegenprogramm zum übermächtig überflüssigen Anything Goes im Olympiastadion, alternative pop versus großen Scheiß. Gerrit Bartels
Pond und Hip Young Things: Heute um 21 Uhr im Huxley's jr.
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