■ Dokumentation
: „Ganz und gar unzufrieden“

Gestern beriet das Bundeskabinett in Bonn über die Demonstrationen zum Tag X bei Verabschiedung der Asylgesetze am 26. Mai. Dieter Vogel berichtete anschließend auf der Bundespressekonferenz. Der Wortlaut in Auszügen:

„Um das Ergebnis der heutigen Kabinettsdebatte vorwegzunehmen: Die Unzufriedenheit des Kanzlers und des Kabinetts über die polizeilichen Aktivitäten und den Erfolg dieser Aktivitäten am 26. Mai ist auch durch die seither vergangene Zeit nicht geringer geworden.

Ich glaube, daß ich die Stimmung innerhalb der Regierung richtig wiedergebe, wenn ich sie als ganz und gar unzufrieden mit den polizeilichen Maßnahmen bezeichne.

Vor allem ist die Besorgnis deutlich geworden, daß durch derartige Aktionen der Staat und seine Repräsentanten verächtlich gemacht werden sollen, und offensichtlich ist dies ja auch das Ziel, zumindest eines größeren Teils oder eines gewissen Teils der Demonstranten.

Die Folge sei auch – so ist heute gesagt worden –, daß rechtsextreme Parteien durch derartige Ereignisse Zulauf gewinnen, Stimmen gewinnen. Und der Bundeskanzler schließlich hat es als völlig unbefriedigend bezeichnet, daß die Entscheidung über Maßnahmen, die den Staat insgesamt, die seine Funktionsfähigkeit, die auch die demokratisch gewählte Führung eines Landes, dieses Staates betreffen, einem lokalen Polizeipräsidenten übertragen werden, gegenüber dem die Bundesregierung nicht einmal ein Weisungsrecht hat.

Es ist zwar völlig unbestritten, daß der Schutz der Bannmeile nach der geltenden Verfassungslage dem Land obliegt. Aber ist in der Debatte heute morgen auch die Frage aufgeworfen worden, ob nicht eine andere Lösung für den speziellen Fall der Bonner Bannmeile gefunden werden müßte.“

taz