: Gnadenfrist für den Flohmarkt auf der Bürgerweide
■ Betreiber äußert sich nicht / Alle wollen den Flohmarkt — das Stadtamt jemanden, „der es ordentlich macht“
Galgenfrist für den Sonntagsflohmarkt auf der Bürgerweide: Erst Ende Juli, also einen Monat später als geplant, kommt das Aus für das Sonntagsvergnügen. Um einen Rechtsstreit mit dem jetzigen Pächter wegen der genauen Einhaltung der Kündigungsfristen zu vermeiden, hat das Stadtamt einen Monat Kulanz gewährt.
Doch dann ist Schluß. Allerdings nur vorläufig, wie der Leiter des Stadtamtes Hans-Jörg Wilkens gestern betonte. Nach internen Beratungen beim Innensenator gab er bekannt, daß die Behörden keineswegs prinzipiell gegen den Flohmarkt sind. Sollte es einen Marktbetreiber geben, der die Auflagen der Stadt in Sachen Verkehrschaos, Campieren im Bürgerpark, Sanitärverhältnisse und schärfere Kontrollen der Händler erfüllt, dann könne der Markt erhalten bleiben. Sogar einen getrennten Polenmarkt kann sich der Amtsleiter vorstellen: „Es muß nur jemanden geben, der als Veranstalter auftritt und das ordentlich macht.“
Nach heftigen Auseinandersetzungen um den Flohmarkt hatte das Stadtamt Ende März den Pachtvertrag mit Marktveranstalter Winkler gekündigt. Der hat allerdings seitdem nur über seinen Anwalt erklären lassen, daß er mit der Kündigung zum Ende Juni nicht einverstanden sei. Ob oder wenn und mit welchem Konzept er bereit wäre, den Flohmarkt weiterzuführen, hat er dem Stadtamt bisher nicht mitgeteilt.
Alle potentiellen Flohmarktbetreiber erwarten harte Auflagen. Solange das Problem der Übernachtung, der Neuwaren und des Polenmarktes nicht geklärt seien, so lange gebe es keine Genehmigung. Jeder mögliche Vertrag werde allerdings harte Strafen beinhalten, wenn die Auflagen nicht erfüllt werden. Trotzdem soll die Genehmigung vorerst auch dann nur für einen Termin pro Monat erteilt werden, allerdings mit einer Option auf mehr Termine, wenn alles glatt läuft.
Auch wenn sich herausstellen würde, daß es für die Bürgerweide keine überzeugende Konzeption gebe, über den Ort könne man reden: Als Ausweichplatz böte sich die Uni an, meint Stadtamtsleiter Wilkens. Und selbst die polnischen Kleinhändler müßten kein Hindernis sein. Wilkens stellt sich einen gesonderten Markt neben dem Flohmarkt vor. Es fehle nur ein Interessent, der die Organisation übernimmt. Insgesamt sei die Stadt sehr daran interessiert, daß der Flohmarkt erhalten bleibt. „Wir haben ja auch ein fiskalisches Interesse“, meinte Wilkens. Schließlich bringt die Verpachtung Geld.
„Der Flohmarkt soll bleiben — und zwar auf der Bürgerweide, jeden Sonntag und ohne Einschränkung“, das stellte die „Initiative zur Erhaltung des Flohmarktes“ gestern unmißverständlich fest. Auf ihrer Pressekonferenz betonte die Initiative: Die Infrastruktur von zunächst mobilen, langfristig festen Toilettenhäuschen sowie ein Park & Ride-System für auswärtige BesucherInnen vom Unigelände zur Bürgerweide werde von allen begrüßt. Auch die Schausteller von Freimarkt und Osterwiese würden dies unterstützen. Bisher seien vom Stadtamt die mobilen WC's allerdings abgelehnt worden, weil damit das verbotene Campieren unterstützt würde.
In einem Alternativkonzept wird vorgeschlagen, die Findorffstraße Sonntags morgens für den Verkehr zu sperren, um AnwohnerInnen zu schützen. Das Problem der in Bussen übernachtenden Händler ließe sich nach Ansicht der Initiative durch Nutzung des Campingplatzes am Unisee lösen.
Der Schlachthof, der bisher als einziger Anlieger die 20.000 sonntäglichen FlohmarktbesucherInnen seine Toiletten nutzen ließ, hat Unterstützung signalisiert: Er werde seine Sanitäranlagen über Nacht öffnen, will auch die Trägerschaft für eine mögliche Initiative übernehmen. Um das Müllproblem besser in den Griff zu kriegen, schlägt das Alternativkonzept eine stärkere Zusammenarbeit mit den Recyclinghöfen vor. Und falls das Alternativkonzept von der Innenbehörde akzeptiert würde, soll ein gemeinnütziger Verein die Trägerschaft übernehmen. J.G./ra
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