piwik no script img

Die Angst vor dem Karriereknick

■ Internationales Treffen von GewerkschafterInnen diskutiert Lage von Lesben und Schwulen am Arbeitsplatz

Um Diskriminierung von Lesben und Schwulen am Arbeitsplatz, aber vor allem um gewerkschaftliche Gegen-Strategien ging es bei einer zweitägigen internationalen Konferenz lesbischer und schwuler GewerkschafterInnen in Berlin. Der seit über zehn Jahren bestehende Arbeitskreis Homosexualität der ÖTV Berlin hatte KollegInnen aus Großbritannien und den Niederlanden eingeladen, um auch die europäische Zusammenarbeit zu verstärken.

Zwar erfahren Lesben und Schwule immer noch Diskriminierung am Arbeitsplatz, wenn sie dort offen auftreten, aber viele der 50 TeilnehmerInnen berichteten auch von positiven Erfahrungen. „Wenn neue Kollegen in den Betrieb kommen und sich abfällig über Schwule äußern, dann machen meine Kollegen den Mund auf. Da brauche ich gar nichts mehr sagen.“ Eine Lesbe, die in einer leitenden Funktion im Jugendbereich arbeitet, berichtete, daß sie sich weniger als Lesbe, denn als Frau diskriminiert fühle, die in einem Männerbereich Karriere machen will. Sie sei offen am Arbeitsplatz, aber ihr Lesbisch-Sein werde von den KollegInnen mit Schweigen übergangen.

Sich gegen Diskriminierung zu wehren ist wichtig, nicht nur individuell, sondern wenn nötig auch mit Unterstützung der Gewerkschaften. „Ich sage es meinem Chef jedes Mal ins Gesicht, wenn er mich diskriminiert und mache unmißverständlich klar, daß ich ihm das auch beim nächsten Mal unter die Nase reiben werde“, sagte Claire Andrews, eine scharze Gewerkschafterin aus London.

Daß eine innerbetriebliche Lesben- und Schwulengruppe viel erreichen kann, zeigt das Beispiel BBC. Dort haben sich vor drei Jahren 200 lesbische und schwule MitarbeiterInnen zusammengeschlossen. In Gesprächen mit dem Management haben VertreterInnen der Gruppe sowohl Kritik an der unzureichenden Berichterstattung über Lesben und Schwule geübt als auch konkrete Verbesserungen für MitarbeiterInnen durchsetzen können.

Die Richtlinie über Chancengleichheit ist auf Druck der Gruppe dahingehend erweitert worden, daß niemand wegen seiner sexuellen Orientierung benachteiligt werden darf. Bei Betriebspensionen gelten jetzt für schwule und lesbische Paare die gleichen Konditionen wie für unverheiratete Hetero-Paare. Sie haben sowohl Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente, wenn sie finanziell vom Partner abhängig waren, als auch auf eine einmalige Zuwendung, die dem Lohn von zwei Jahren entspricht. Nicht zuletzt ist die Gruppe auch Anlaufstelle für KollegInnen, die Unterstützung in Diskriminierungsfällen suchen. Dorothee Winden

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen