■ Nach den Bombenattentaten in Antalya
: Symmetrische Fehlkalkulation

Kurdistan ist vor der deutschen Türschwelle. Erst vergangene Woche wurden türkische Konsulate besetzt und türkische Banken und Reisebüros verwüstet. Sonntag abend schließlich verletzten Bomben nichtsahnende Türken und Urlauber, unter ihnen Deutsche. Vermutlich steckt die PKK dahinter. Auch wenn bislang die Organisation die Verantwortung formell nicht übernommen hat, haben ihre Sprecher solcherlei Aktionen angekündigt. Da war die Rede vom „blutigen Sommer“, von Anschlägen auf den „Tourismus“ und auf „Geschäftszentren“. Daß der dreckige Krieg in Türkisch-Kurdistan nicht ewig lokal begrenzt bleiben würde, war jedem kritischen Kopf klar. In Türkisch-Kurdistan gibt es keinen Rechtsstaat. Da werden Menschen umgebracht, Dörfer abgebrannt und Wälder bombardiert. Haß hat sich angestaut. Er bahnt sich nun freien Lauf im Terrorismus.

Der einseitig von der PKK im März verkündete Waffenstillstand war nur ein Intermezzo. Der Staat mordet und foltert heute Bauern, um die PKK zu treffen. Die PKK mordet Kinder von kurdischen Dorfmilizen, um den türkischen Staat zu treffen. Beides ist menschenverachtender Terrorismus. Der Staat meint, daß durch staatlichen Terror der PKK der Todesstoß versetzt werden könne. Die PKK meint, daß ihr Terrorismus letztendlich den Staat in die Knie zwingen wird. Gemeinsam wird an der Spirale der Gewalt gedreht, bis es nicht mehr rekonstruierbar und auch uninteressant ist, wer den Anfang machte.

Doch beide Parteien verkalkulieren sich. Türkische Politiker, die glauben, daß die Niederschlagung der Guerilla „Frieden stiftet“ täuschen sich. Solange dem kurdischen Volk elementare demokratische Rechte verweigert werden, wird es keinen Frieden geben. Auch die PKK verkalkuliert sich. Der PKK-Terrorismus mag die Deviseneinnahmen des türkischen Staates schmälern, indem man Bomben auf Badeorte schmeißt. Terrorismus mag Banken und Fabriken in die Luft jagen. Doch dadurch wird der Staat nicht in die Knie gezwungen. Im Gegenteil. Man stärkt die chauvinistischen Kräfte, die nach Vergeltung schreien. Der von PKK-Chef Abdullah Öcalan verkündete Waffenstillstand im März hatte die historische Chance für einen Frieden in Kurdistan eröffnet. Doch Guerillaführer Öcalan hat schnell aufgegeben, weil der Staat nicht sofort parierte, wie er will. Mit den jüngsten Terroranschlägen schneidet sich Öcalan ins eigene Fleisch. Er verspielt die Möglichkeit politischer Anerkennung. Es wäre langfristig das Ende der PKK. Denn militärisch wird er nie und nimmer einen Krieg gegen den türkischen Staat gewinnen. Ömer Erzeren