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EG-Bananensperre kostet 500 Arbeitsplätze

■ Fruchthändler Atlanta rechnet mit dramatischen Einbußen / BLG: „Wir leben nicht nur von der Banane“

Die südamerikanische Banane wankt. Das Symbol für die Freiheit des Handels nach der Öffnung der Mauer 1989 unterliegt ab heute verschärften Einfuhrbestimmungen der europäischen Gemeinschaft und wird erheblich teurer werden. Nur noch 2.000.000 Tonnen Bananen darf die EG pro Jahr aus Südamerika importieren, die sog. Dollar-Bananen. Im letzten Jahr wurden noch 2,6 Millionen Tonnen nach Europa geholt. Alle Bananen werden ab heute mit einem Importzoll von 20 Prozent des Importpreises belegt, jede Banane über dem Einfuhrlimit sogar mit 175 % Importsteuer. Die Bundesrepublik hatte zuletzt am Dienstag ohne Erfolg vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die einführung der neuen Bananen-Marktordnung geklagt (vgl. taz vom 30.6.)

Die zwei Millionen genehmigten Tonnen werden auf die sog. Marktbeteiligten kontingentiert. Marktbeteiligte sind Erst- und Zweitimporteure sowie Distributeure, die künftig Lizenzen für den Bananenimport in ein bestimmtes Land bekommen. „Bislang hat die Bundesrepublik etwa 1,3 bis 1,4 Millionen Tonnen von den Bananen verbraucht“, erklärt Bremens und Europas größter Fruchthändler, Atlanta-Chef Bernd-Artin Wessels. Jetzt bekämen die Marktbeteiligten für die Bundesrepublik noch 730.000 Tonnen pro Jahr zugesprochen. Die EG-Begrenzung sei eine „Diskriminierung“ der Importeure. „Wir verlieren so automatisch knapp 50% unseres Umsatzes.“ Folge auch für das Land Bremen: „Im Hafenbereich, bei der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft und im Bereich Dienstleistungen werden etwa 500 Arbeitsplätze verloren gehen.“ CDU-Mitglied Wessels hat seinen Parteifreund, Bundeskanzler Helmut Kohl gestern in einem offenen Brief aufgefordert, weiterhin uneingeschränkt Bananen in die Bundesrepublik fließen zu lassen.

Hintergrund der EG-Begrenzungsaktion: Die EG-Bürger sollen mehr Bananen aus Afrika, der Karibik und den pazifischen Inseln essen. Die sog. AKP-Bananen können mit dem neuen Einfuhrschutz in Konkurrenz zu den „riesen Ballermännern“ (BLG-Sprecher Hartmut Schwertfeger) aus den südamerikanischen Großplantagen treten. Nach Angaben von Wessels produzieren die AKP-Länder rund 800.000 Tonnen Bananen für Europa, in deutlich schlechterer Qualität als die Südamerikaner: Dort sei die Banane größer, die Frucht besser geschnitten.

Allein über Bremerhaven sind in den letzten Jahren rund 600.000 Tonnen Bananen pro Jahr importiert worden. Neben antwerpen und Hamburg ist Bremerhaven damit einer der größten Bananenumschlagpätze Europas. Die BLG hat in den letzten zehn Jahren rund 50 Mio. Mark in den Ausbau der Bananen-Umschlag-Analge gesteckt, die Schifffahrts- und Speditionsgesellschaft SSG in Bremerhaven, eine Untergesellschaft der Atlante, nach Angaben von Schwertfeger noch einmal 34 Mio. Mark. Weil die Früchte in Pappkartons zu ca. 17 Kilo verpackt sind, brauchen Bananen einen speziellen Umschlagplatz. Nach Angaben von BLG-Sprecher Schwertfeger beschäftigt die Bremer Lagerhaus-Gesellschaft etwa 250 Arbeiter direkt im Bananenumschlag, „zu jedem dieser Arbeitsplätze zählen wir zwei weitere in der Region dazu, die mittelbar mit der Banane zu tun haben“. Wenn der Bananenumschlag jetzt zurückgehe, seien zwar die Investitionen umsonst gewesen, erklärt Schwertfeger, „die BLG lebt aber nicht nur von Bananen.“

Bremens Senator für Häfen, Schiffahrt und Au0enhandel, Uwe Beckmeyer (SPD), sprach von einer „entwicklungspolitischen Farce“. Wenn Europa jetzt Protektionismus betreibe, „bleibt den Südamerikanern nichts anderes mehr übrig, als Kokain anzubauen“, erklärte Beckmeyers Sprecher Rüdiger Staats. mad

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