■ Press-Schlag: Midas im Zwielicht
Silvio Berlusconi und Bernard Tapie waren noch vor gar nicht langer Zeit die strahlenden Prinzen des europäischen Fußballs. Mittlerweile hat beider Image jedoch empfindliche Kratzer bekommen. Seit Sozialistenführer Bettino Craxi im Morast der italienischen Politik herumdümpelt, hat auch der Ruf seines Busenfreundes Berlusconi beträchtlichen Schaden gelitten und einige Geschäfte seines Konzerns sind ins Zwielicht geraten. Seinen AC Mailand hat das ehemalige Mitglied der Geheimloge P 2 allerdings bisher aus allen Fatalitäten heraushalten können.
Nicht so Bernard Tapie. Bei diesem sind nicht nur die Geschäfte, sondern auch die Aktivitäten seines Vereins Olympique Marseille seit Jahren äußerst verdächtig. Dabei war Tapie lange Zeit, wie einst dem König Midas, alles zu Gold geraten. Mit der Sanierung in Konkurs geratener Unternehmen machte er ein Vermögen, sein Radrennstall gewann mit Hinault und LeMond mehrfach die Tour de France und als Politiker der Linken, wie er sich bezeichnete, konnte Tapie in Marseille dem von ihm verabscheuten Rechtsradikalen Le Pen Paroli bieten.
In den letzten Jahren ging es jedoch bergab und seine Ambitionen auf den Sessel des französischen Präsidenten erlitten kräftige Dämpfer. 1990 übernahm er sich mit dem Kauf von „adidas“ und war gezwungen, große Teile seines Firmenimperiums abzustoßen, 1992 mußte er 52 Tage nach seiner Ernennung zum Minister für Stadtentwicklung zurücktreten, weil er der Veruntreuung, Hehlerei und Bilanzfälschung beschuldigt wurde. Gerade als es wieder aufwärts zu gehen schien – das Verfahren wurde eingestellt und das Team von OM gewann den Europacup — kam ihm die jüngste Bestechungsaffäre in die Quere. Während Olympique in vier früheren Fällen, als wegen versuchter Bestechung ermittelt wurde, nichts nachgewiesen werden konnte, dürfte es diesmal kein Entrinnen geben, nachdem ein Spieler von Valenciennes zugeben hat, von OM-Repräsentanten Geld erhalten zu haben.
Inzwischen hat sich nun auch der Trainer von ZSKA Moskau zu Wort gemeldet. Zum einen seien seine Spieler vor dem 0:6 verlorenen Europacup-Match gegen Olympique in einer Marseiller Bar mit Abführtee vergiftet worden, zum anderen seien ihm telefonisch von einem Unbekannten rund 50.000 Mark geboten worden, wenn man Marseille gewinnen lasse. Olympique verklagte die Russen erstmal wegen übler Nachrede.
Morgenluft wittert derweil Silvio Berlusconi, dessen AC das Europacup-Finale mit 0:1 gegen OM verloren hatte. Für den Fall, daß sich die Vorwürfe bewahrheiten sollten, fordert er allerdings nicht den Cup für Milan, sondern ein erneutes Endspiel – diesmal gegen die Glasgow Rangers. „Die Pokale gewinnt man auf dem Spielfeld und nicht am Tisch.“ Matti
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