piwik no script img

Krach nach Kommentar zum § 218-Urteil

■ Landkreis Harburg: Grüne fordern Rücktritt der Frauenbeauftragten

Die Frauenbeauftragte des Landkreises Harburg, Irene Dilger, soll zurücktreten, verlangen die Harburger Grünen. In einer Pressemitteilung begründet Eva Ulrich vom Grünen-Kreisvorstand diese Forderung mit einem Kommentar von Frau Dilger zum Paragraph-218-Urteil des Bundesverfassungsgerichts am vergangenen Sonnabend in der Kreiszeitung „Winsener Anzeiger“. Darin hatte die Frauenbeauftragte ihre Funktion so definiert, „daß das Eintreten für die Rechte der Frauen nicht unbedingt mit der Billigung der Tötung von Leben im eigenen Leib verquickt sein muß“.

Zudem sorgte sie sich darüber, daß „langfristige Folgen für die Aufhebung des Tötungstabus auch in anderen Lebensbereichen (beim Umgang mit alten, unheilbar kranken, behinderten Menschen) nicht übersehbar“ seien und behauptete, daß nicht zufällig „die staatlich geduldete Abtreibung erstmals im kommunistischen Rußlands Lenins durchgeführt“ worden sei.

Für Eva Ulrich ist es „ungeheuerlich“, Frauen, die für das Recht auf Abtreibung eintreten, zu Handlangern „kommunistischer Bösewichter“ zu machen und zu verdächtigen, „bei Gelegenheit auch die bettlägerige Großmutter um die Ecke zu bringen“. Die Frauenbeauftragte hat sich damit nach Meinung von Ulrich „auf die Seite der Bevormunder von Frauen gestellt und sich als Vertreterin der Frauen im Landkreis disqualifiziert“.

Von Frau Dilger war keine Stellungnahme zu erhalten. Der Anrufbeantworter in ihrem Büro verkündet, daß sie erst am 2. August wieder erreichbar sei. Ihr Dienstvorgesetzter in der Winsener Kreisverwaltung, Wolfram van Lessen, sieht keinen Anlaß, einzuschreiten. Die Frauenbeauftragte sei „nicht weisungsgebunden“ und habe eine „legitime persönliche Meinung“ geäußert. smv

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen