: Szenen aus dem ganz alltäglichen taz-Wahnsinn
■ Die Kesselflicker von Stalingrad und andere Episoden aus dem voll digitalisierten Zeitungsleben
Kai!! Kaaaiii!?! Wo zum Kuckuck ist mein Makrobuch?! taz-Redakteurin Sannah Koch galoppiert die Treppe hoch. Wieder runter. Kaaiii?!? Ist mein Text nun ein tkv1022 oder ein tkl1122!! Kaiii von Appen!!! Wohlvertrautes Geklimper in den Gewölben des taz-Gebäudes. Weiß ich doch nicht, frag doch Micha. Sannah galoppiert, Kais Schlüsselbund scheppert. Drei Wochen neue taz-hamburg-Technik. Szenen aus dem ganz normalen Chaos.
Pappkartons stapeln sich in den Gängen, Musterseiten an den Wänden: „Die Kesselflicker von Stalingrad“ werden in den ersten Juni-Wochen zum geflügelten Wort. Jeder, aber auch jeder Mustertext ist mit dieser martialischen Überschrift versehen. Produktionsredakteur Johann gibt sich gewohnt mißtrauisch. Hoffentlich fühlen wir uns nicht genauso. Die Kesselflicker.... Oje.
Montag, 14 Juni: Premiere. Das kleine Produktionsbüro füllt sich langsam. Menschentraube, Unsicherheit. Wie sieht das denn aus? Ist doch schööön! Und was ist mit den Fotos? Knopfdruck genügt. Saubere Arbeit, Hini. taz-Fotograf Hinrich Schultze zeigt unvermutete technische Kompetenz. Alles sitzt, alles paßt. Die erste neue taz-hamburg. Whow. Aber... was wird morgen? Galopp, der Schlüssel klirrt.
Drei Wochen später, Freitag, 2. Juli. Erste Anzeichen der Entspannung, nicht mehr ganz so viele Fehler vermiesen das Frühstück. Das Seitenmalen macht doch Spaß, vertraut taz-Universalgenie Birgit Hoyer (kurz „Mobbing Hoyer“ genannt) dem Sportredakteur Kai Rehländer an. Und, Wunder über Wunder, der nickt zustimmend mit dem Kopf. Erste Liebeserklärungen für Ede, Karlo und Hunter, die drei neuen Zentralrechner.
Alles klar, also? Neue Technik, tendenzieller Fall der Chaosrate, bessere Zeitung, Fortschritt, Fortschritt, Hurra, Hurra? Nee, längst nicht. Die von der taz-Genossenschaft in Berlin spendierte neue Technik soll natürlich über kurz oder lang auch die erwünschten (und wirtschaftlich notwendigen) Rationalisierungseffekte, sprich Arbeitsplatzabbau erzielen. Sozialverträglich, logo, aber Spaß macht das nun wirklich nicht. uex
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