: Satisfaktion bei Buten&Binnen
■ Statt Duell: Das nette Bernd-Neumann-Interview im Kleinstadt-Fernsehen
Das waren noch Zeiten, als die Fehdehandschuhe zwischen den edlen Herren hin- und herflogen. „Du hast mich beleidigt, Elender. Beim Morgengrauen auf der Lichtung, ha! Gutgut, das war alles ein bissel blutiger, damals, und im ernst wünscht sich keiner die Zeit der Schüsse bei Sonnenaufgang zurück. Aber so eine handfeste Regelung im Beleidigungsfall, das würde uns doch einiges ersparen. Zum Beispiel das:
Bernd Neumann ist in Bremen ein wichtiger Mann. Als Spitzenkandidat der CDU hatte er respektable Ergebnisse eingefahren, dann hat er den CDU-Wahlkampf im nahen Osten koordiniert und zum Dank durfte er Staatssekretär bei Bundesforschungsminister in Bonn werden. Als solcher hat er vor ein paar Tagen einen Startknopf drücken dürfen, nämlich den vom neuen Bremer Weserwehr. Da war Spektakel und Prominenz und viel Presse und Fernsehen. Bernd Neumann war also die Nummer eins. Fand er. Nur hat das kaum einer gemerkt, insbesondere, wenn er am Fernseher die abendliche Heimatsendung geguckt hat. Klaus Wedemeier in Farbe und die ellenlange Predigt vom Oberevangelen Uhl, nur kein Neumann. Da war er sauer, geradezu satisfaktionswillig.
Nun begab es sich aber, daß just an dem Abend das Fest der Bildzeitung anstand und da ist der vergrätzte Neumann hin. Und wen trifft er? Einen von just dem Heimatsender, der ihn so übel übergangen hat. „Mit Euch bin ich fertig“, poltert er dem verdutzten Journalisten entgegen, „ich bin immer durchs Land gezogen und hab für Euch gekämpft, obwohl man Euch abschaffen wollte. Damit ist jetzt Schluß.“ Man muß wissen: Neumann ist auch Medienpolitiker, und seine Fürsprache ist für Buten&Binnen, wenn es von der ARD nicht ins Dritte verdrängt werden will, wichtig.
Der arme Journalist konnte also nur noch nach Luft schnappen. Die Heimatredaktion war aufgescheucht vom bösen Machtwort: Was tun? Ganz einfach die rettende Idee.
Und so konnte das staunende Fernsehpublikum am Abend einen aufgeräumten Bernd Neumann im Studio bewundern. Ohne daß er durch Zwischenfragen allzu sehr gestört wurde, durfte er frei von der Leber weg Stellung nehmen zu allen Themen der Kleinwetterlage in unserer großen Stadt. Und zu allem Überfluß sollte er gestern schon wieder als strahlender Ehrengast auftreten. Darf er jetzt jeden Monat einmal...?
Schade, denn bei der Satisfaktion im Fernsehzeitalter fließt noch nicht mal Ketchup und man sieht dieselben Gesichter immer wieder, findet Rosi Roland
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