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Verließen sie die Botschaft freiwillig?

■ Ost-Timor-Flüchtlinge üben schwere Kritik an Schweden

Stockholm (taz) – Die drei Studenten aus Ost-Timor, die neun Tage lang versucht hatten, in der schwedischen Botschaft von Jakarta Asyl zu bekommen, haben diese gestern morgen verlassen. Nach Augenzeugenberichten wurden die zwischen 22 und 24 Jahre alten Männer von dem Militärchef der indonesischen Hauptstadt, dem Vertreter einer Menschenrechtsorganisation und einem Botschaftsangestellten eskortiert. Ihr weiteres Schicksal war zunächst unklar. Angeblich sollen sie in Wohnungen von Personen, die in Menschenrechtsorganisationen, wie amnesty international, mitarbeiten, vorläufig unterkommen.

Das schwedische Außenministerium veröffentlichte eine Erklärung der Flüchtlinge, wonach sie die Botschaft „freiwillig“ verlassen hätten. Zweifel hieran dürften jedoch angebracht sein.

Am Donnerstag war ein Brief bekannt geworden, den die Studenten aus der Botschaft herausschmuggeln ließen. Dieser enthielt schwere Vorwürfe gegen Schweden. Man versuche sie zu zwingen, eine Erklärung zu unterschreiben, wonach sie freiwillig die Botschaft verlassen würden. Sowohl Schweden als auch Vertreter der UN übten Druck auf sie aus. Seit Anfang der Woche halte man sie völlig isoliert von der Außenwelt. Letzteres bestätigte ein Sprecher des schwedischen Außenministeriums. JournalistInnen durften nicht mehr mit den Flüchtlingen Kontakt aufnehmen. Begründung Stockholms: Man fühlte sich zu „Propagandazwecken“ benutzt und wolle dies nicht länger unterstützen. Diese Formulierung macht deutlich, daß man in Stockholm von vornherein entschlossen war, die Beziehungen zu Indonesien auf jeden Fall höher zu hängen als die Interessen der Flüchtlinge. Nach Schwedens Weigerung, den drei Ost-Timoresen Asyl zu gewähren, hatte sich Portugal bereit erklärt, sie aufzunehmen. Voraussetzung wäre die Möglichkeit einer freien Ausreise gewesen, welche Indonesien verweigerte.

Schweden hat in der Vergangenheit sehr wohl Flüchtlinge akzeptiert, die in seinen Botschaften Asyl suchten: So in mehreren Fällen zu Zeiten der Miltärjunta in Chile über die dortige Botschaft in Santiago und in zumindest einem Fall bei russischen Flüchtlingen in Moskau. In ihrem Brief hatten die Studenten erklärt, sie hielten sich bereits seit 18 Monaten vor den indonesischen Sicherheitskräften versteckt, weil sie um ihr Leben füchteten. Sie würden deshalb nicht freiwillig die Botschaft verlassen. Reinhard Wolff

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