piwik no script img

Ukraine „zeitweise“ Atommacht

■ Kiew besitzt drittgrößtes Atomwaffenpotential der Welt

Kiew (dpa/taz) – Die ehemalige sowjetische Teilrepublik Ukraine hat sich gestern offiziell zur Nuklearmacht erklärt – zeitweise zumindest. „Durch die Macht historischer Umstände sind wir zum Besitzer von Nuklearwaffen geworden, die uns von der zerfallenen Sowjetunion vererbt wurden“, heißt es in einem Grundlagenpapier des Parlamentes in Kiew. Auf ukrainischem Territorium ist das drittgrößte Atomwaffenpotential der Welt stationiert – 176 ehemals sowjetische Interkontinentalraketen mit etwa 1.240 Sprengköpfen sowie zwei Geschwader Langstreckenbomber mit Marschflugkörpern.

Noch 1991 hatte sich die Ukraine in ihrer Unabhängigkeitserklärung für „atomwaffenfrei, blockfrei und neutral“ erklärt. In ihrer gestrigen, neuen Erklärung schwächten die Parlamentarier nun ab: „Die Ukraine bekräftigt ihre Absicht, in Zukunft ein atomwaffenfreier Staat zu werden.“ Gemäß dem START-I-Vertrag über nukleare Abrüstung sollte Kiew die Nuklearstreitmacht ursprünglich abgeben, die militärisch dem GUS-Oberkommando untersteht. In der seit Monaten andauernden Diskussion um die START-I-Ratifizierung hatte sich zunächst Ministerpräsident Leonid Kutschma, später auch Parlamentschef Iwan Pljuschtsch für einen „zeitweiligen“ Nuklearstatus ausgesprochen. Mit dem Ende der gestrigen Parlamentssitzung wurde eine Ratifizierung von START-I vor der Sommerpause, wie sie Präsident Leonid Krawtschuk noch vor einem Monat angekündigt hatte, immer unwahrscheinlicher.

In dem außenpolitischen Dokument, das in mehreren geschlossenen Sitzungen vorbereitet und am Freitag ohne Debatte gebilligt worden war, erklärte sich die Ukraine zu einem mit allen anderen Republiken gleichberechtigten Rechtsnachfolger der Sowjetunion. Die Ukraine sehe „in keinem Land einen Feind“, erhebe gegen keinen Nachbarn territoriale Ansprüche und lasse keine Gebietsansprüche an sich zu.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen