: Selbstloser Billig-Wahlkampf
■ Parteien wollen Wahlkampfkosten begrenzen / Überschüsse in eigene Tasche / Promis für TV-Spots gegen Rechts gesucht Von Sven-Michael Veit
Eine Initiative zur Verbesserung des Fernseh-Programms wollen die Hamburger Parteien starten: SPD, CDU und FDP haben sich darauf geeinigt, im kommenden Bürgerschafts-Wahlkampf auf TV-Spots in eigener Sache zu verzichten. Anstelle der üblichen Selbstbeweihräucherung sollen Hamburger Prominente vor den Gefahren des Rechtsradikalismus warnen.
Außerdem vereinbarten sie ein Abkommen zur Kostenbegrenzung. Die Werbung auf Großflächen soll gegenüber dem Wahlkampf 1991 von 200 auf 100 Tafeln pro Partei ebenso halbiert werden, wie die Motivwerbung mit Kleinplakaten auf 5.000 Stellflächen. Werbung auf U- und S-Bahnhöfen soll es gar nicht geben. Insgesamt wollen die drei Parteien damit die Kosten für den Wahlkampf gegenüber 1991 um rund 40 Prozent senken.
Das Abkommen zwischen SPD, CDU und FDP „steht“, erklärt Wolfgang Bodeit, Bürgerschaftsabgeordneter und Wahlkampfleiter der FDP, gegenüber der taz. Zwar hätten die Sozialdemokraten noch nicht unterzeichnet, da sie noch die Zustimmung der zuständigen Parteigremien brauchen. Dies sei erst nach der Sommerpause möglich. „Wir gehen aber davon aus, daß das läuft“, ist sich Bodeit sicher. Von der SPD und CDU war am gestern keine eigene Stellungnahme zu erhalten.
Bündnis 90/Die Grünen – unter diesem Namen tritt die Ex-GAL bei der Wahl an – beteiligt sich an dem Abkommen nicht: „Es nützt doch nur den großen Parteien“, erklärte Landesgeschäftsführerin Jutta Biallas gestern. Die Grünen würden ohnehin einen „sehr sparsamen“ Wahlkampf führen, der deutlich unter den Etats der drei anderen etablierten Parteien liegt. Etwa 350.000 Mark wollen sie ausgeben. Die FDP veranschlagt 500.000 Mark, die CDU das Doppelte, die SPD sogar 1,5 Millionen Mark. Von der Idee, in TV-Spots Prominente statt Parteien auftreten zu lassen, wurden die Grünen nach Angaben von Biallas „nicht informiert“. „Eine gute Sache, findet sie dennoch, und kann sich vorstellen, „daß wir da mitmachen“.
SPD, CDU und FDP planen nach den Worten von FDP-Wahlkampfmanager Wolfgang Bodeit, „Hamburger Persönlichkeiten“ unabhängig von deren parteipolitischen Sympathien für TV-Spots zu gewinnen. Sie sollen die BürgerInnen zur Stimmabgabe aufrufen, aber ihre Stimme nicht für rechtsextreme Parteien abzugeben. Namen wie Uwe Seeler, Heidi Kabel oder Helmut Schmidt sind im Gespräch. Pro Wahlberechtigten werden aus dem Hamburger Steuersäckel 5 Mark an die Parteien gezahlt, aufgeschlüsselt nach Stimmanteilen. Die in der Bürgerschaft vertretenen Parteien haben bereits Vorschüsse in Höhe von rund 2,6 Millionen Mark erhalten. Der Rest wird nach der Wahl vom 19. September überwiesen.
Zurückzahlen müssen die Parteien jedoch keinen Pfennig: Je billiger sie ihren Wahlkampf führen, desto dicker werden ihre Spar-strümpfe.
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