: Wesertunnel: 2.143 Einwendungen
■ Naturschutzverbände beklagen Mängel bei der Planfeststellung
Gegen den Bau des Wesertunnels, der die Bundesstraße 212 und die Autobahn 27 verbinden soll, sind nach Angaben verschiedener Umweltverbände 2.143 Einwendungen bei den zuständigen Bezirksregierungen eingegangen. Die juristische Einwendungsfrist gegen das auf rund 450 Millionen Mark veranschlagte und vom Bundesverkehrsminister getragene Großprojekt lief am 24. Juni ab. Allein aus Kleinensiel, einer 800-Seelen-Gemeinde in unmittelbarer Nähe der Trasse auf der westlichen Weserseite, „haben über die Hälfte der erwachsenen Einwohner Einwendungen eingereicht“, erklärte Hans-Otto Meyer-Ott, Sprecher der Umweltverbände Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Biologische Schutzgemeinschaft Hunte Weser-Ems (BSH), Verkehrsclub Deutschland (VCD) und Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND).
Zuständig für die Planfeststellung sind die Bezirksregierungen Weser-Ems für den Bauabschnitt westlich der Weser-Mitte und Lüneburg für den östlichen Teil. Hauptargument der Einwender: Für das rund 2,3 Kilometer lange Tunnelprojekt lägen gravierende Planungsmängel vor. So seien bislang keine detailierten Untersuchungen über mögliche Grundwasserabsenkungen im Bereich des Atomkraftwerkes Unterweser bei Esenshamm angestellt worden, kritisierte Meyer-Ott. „Bislang geht man einfach davon aus, daß so etwas unwahrscheinlich ist. Begründen kann man es nicht.“ Das AKW liegt etwa 800 Meter von der geplanten Trasse entfernt.
Außerdem befürchten die Tunnel-Gegner, daß der Weser- Tunnel als Teilstück einer zukünftigen Küstenautobahn vollendete Tatsachen schaffen soll. Bislang queren nach Angaben der Umweltschutz-Verbände rund 2.000 Autos die Weser per Fähre bei Dedesdorf, der Tunnel mit seinen zwei Röhren sei jedoch auf 20.000 Fahrzeuge berechnet. „Was die hier bauen wollen, ist kein Tunnel für Regionalverkehr, sondern ein Projekt, das auf den europäischen Schwerlastverkehr ausgerichtet ist“, vermutet Meyer-Ott. Zudem entspreche die im Planfeststellungsverfahren vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nicht dem zulässigen EG- Standard.
Die Umweltverbände fordern deshalb die Einstellung des Planfeststellungsverfahrens, arbeiten gleichzeitig in Vorbereitung auf einen Erörterungstermin an ausführlichen Einwendungsbegründungen. „Kleinsieler Bauern haben bereits eine Klagegemeinschaft eingericht, die Klagekosten werden sich voraussichtlich auf über 30.000 Mark erstrecken“, erklärte Meyer-Ott weiter.
Voraussichtlicher Termin für die Erörterung im Planfeststellungsverfahren wird das Frühjahr 1994 sein.
mad
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