■ Staatlicher Schnüffeldienst: Melde: Nachbar gelöscht!
Wer Berlin für eine Weile verlassen will, sollte zumindest eine Vorsichtsmaßnahme nicht vergessen: die Nachbarn darüber aufklären, daß man durchaus an eine Rückkehr und keinesfalls an eine Wohnungsaufgabe denkt. Ängstliche Menschen, die auf Nummer Sicher gehen wollen, laden „ihren“ Kontaktbereichsbeamten zu einem Tee und Plätzchen ein. Der KOB könnte nämlich zu der Spezies übereifriger Staatsdiener gehören, die dafür sorgt, daß man bei längerer Abwesenheit aus dem Melderegister gelöscht wird. Nachträgliche Beschwerden weist die Bürokratie locker zurück. Denn schnüffelwütige Polizeibeamte, die ihre dienstliche Langeweile mit dem Aushorchen der Nachbarschaft ausfüllen, wissen ihren Eifer vom Berliner Meldegesetz gedeckt. Schließlich legt Paragraph 1 fest, daß das Melderegister Daten enthält, die „von Behörden und sonstigen Stellen übermittelt“ werden. Und jene kontaktscheuen KOBs – die es vereinzelt auch geben soll und die daher wie die Hunde zur Jagd getragen werden müssen – können mit Verweis auf den Paragraph 9 von der Meldestelle zur Amtshilfe gezwungen werden.
Was aber machen nun Menschen, die weder ihre Nachbarn noch den Kiez-KOB riechen können? Ganz einfach: Sie stellen für die Zeit ihrer Abwesenheit eine gut sichtbare Attrappe ins Fenster. Severin Weiland
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