: Zum Beispiel Abano terme
■ Auch das größte Thermalbad Italiens, bekannt durch seine Fango-Therapie, differenziert das traditionelle Kurangebot
Pietro d'Abano (1250–1310), Arzt und Magier, Astrologe und Hexenmeister, Professor an der Universität von Padua, Paris und Konstantinopel, Leibarzt von Papst Honorius IV, der die Lehre des Averroes studierte und die Unabhängigkeit wissenschaftlicher Kenntnis verteidigte, wird heute als Vorläufer der psychosomatischen Medizin gehandelt. Das Thermalgebiet um Abano, wo Pietro d'Abano herstammt und das schon zu seiner Zeit und lange davor ob seiner Heilkraft genutzt wurde, bot dem aufgeklärten Mediziner Anschauungsmaterial über den Zusammenhang von Körper und Geist.
Ungefähr eine Stunde von Venedig entfernt liegen die Thermalbäder Abano terme und Montegrotto terme eingebettet in die Euganäischen Hügel. Die modernen Strukturen mit 120 Hotels, 14.000 Zimmern, 20.000 Betten und 2.000 Kurkabinen in den jeweils an die Hotels angeschlossenen Abteilungen machen aus diesem Thermalgebiet eine der massenhaftesten Einrichtungen für Fango-Therapie in Europa. Der Fango besteht aus Tonerde, Thermalwasser und einer organischen Komponente, nämlich Algen, Protozoon und Bakterien, und eignet sich unter anderem gegen Rheuma, Verkalkungen, chronische Hautkrankheiten und chronische Entzündungen. Für deutsche Kurende war Abano bislang ein beliebtes Ziel zur traditionellen Kur. Die Kürzungen in der deutschen Gesundheitsfürsorge haben sich allerdings auch auf den Kurreiseverkehr über den Brenner ausgewirkt.
Doch nach wie vor bestimmt der deutsche Kurgast die Szene in Abano. Vor dem Vier-Sterne-Hotel La Residence stehen nur Limousinen mit deutschen Kennzeichen. Check-up, Gesundheitsberatung, Ernährungsplan und Kosmetik bietet das stilvolle Hotel seinen Gästen. Auch hier bemüht man sich um ein differenzierteres Angebot, im Trend eines Wellness- Konzepts. Dieses ist am ausgeprägtesten im Hotel Bristol. Neben Fango gibt es dort die individuelle Gesundheitsberatung und die Therapie bis hin zum Tai-Chi-Kurs oder der Meditation.
Ein Urlaub in Abano ist Urlaub im Hotel, und davon gibt es vom Vier-Sterne-Etablissement à la Residence bis zur schlichten Pension reichlich Auswahl. Abano bietet Fango, den Tango werden Sie hier allerdings lange suchen. Der Ort selber hat den indiskreten Charme einer Sechziger-Jahre- Bettenhochburg. Die alte historische Tradition liegt unter den Hotelmauern begraben. Abano und Montegrotto sind eine Zusammenballung großer Hotelanlagen mit dampfenden Thermalswimmingpools. Ein Ortskern ist nur schwer auszumachen. Immerhin versuchen die örtlichen Verantwortlichen nun das gesichtslose Zentrum mit einer Fußgängerzone aufzupeppen. Ansonsten profitiert der Ort von den Steuerabgaben der großen Hotels offensichtlich nur wenig. Das öffentliche Leben darbt. Der Kurpark ist kaum als solcher zu erkennen; jede Bepflanzung in einem der repräsentativen Hotels ist opulenter; kaum eine Bank am Straßenrand, die nicht Opfer der Witterung wurde. Das Geld scheint in den Hotelanlagen zu zirkulieren, die erwirtschafteten Gelder schaffen scheinbar nicht den Sprung über die Mauern der privaten Hoteliers.
Ein Ort, der wie ein unsensibler Klotz – nichts als Fango im Sinn – in ein wunderschönes Umland gesetzt wurde. Dort kann man wandern, mountainbiken, Tennis spielen und natürlich golfen. Alles, was das moderne Urlauberherz so begehrt. Die Euganäischen Hügel, Venedig und Padua retten diese Kur-Unkultur, und der fallende Lire erhöht die Attraktivität des medizinisch guten Angebots. Edith Kresta
tas, Abano-Montegrotto terme, Italien, Abano terme, 049-667500.
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