: Tierschützer im Geländetest
■ Military-Meisterschaft in Luhmühlen. Mehrstündiger Geländekampf zwischen Tierschützern und Polizei Von Kai von Appen
Das kleine Heideörtchen Luhmühlen (Kreis Harburg) stand am Wochenende ganz im Zeichen der Deutschen Military-Meisterschaft. Während am Samstag die Pferde von ihren Reitern durch den Geländeparcours gehetzt wurden, lieferten sich 150 radikale Tierschützer und 60 Oldenburger Bereitschaftspolizisten rund um die Reitanlage ihre eigene Hatz: Quer durchs Gelände übten sie sich im Barrikadenbau und in der Menschenjagd.
Luhmühlen, Samstag, neun Uhr: Während die Blechkarossen langsam durch das Dorf schleichen, versammeln sich außerhalb der Ortschaft die ersten Tierschützer. Die angemeldete Demonstration in Luhmühlen und auf der Bundestraße ist vom Ordnungsamt verboten worden, das Reitgelände wurde zur „Bannmeile“ erklärt. „Military ist Mord“, so der Spruchband-Gruß an die Besucher. Dann ziehen die Demonstranten unverzagt auf die Bundesstraße, die Autoschlangen werden sofort lang und länger. An der Stichstraße zur Reitanlage errichten die Tierschützer Barrikaden.
Jetzt greift die Polizei ein: Sie versucht die Verkehrshindernisse zu entfernen. Auf beiden Seiten wird gezerrt, die Beamten versuchen eine Schneise für die Autos zu bilden _ es wird gedrängelt und gestoßen. Jetzt heißt es für die Military-Zuschauer: Autos abstellen und marschieren. Unter Pfiffen und Sprechchören müssen sie sich zu Fuß durchschlagen. Die Turniergäste reagieren teils mit verschämten Gesichtern, teils mit unverhohlener Agression: „Ihr seit doch nicht ganz dicht.“
Tatenlos mögen die Beamten dem Treiben jedoch nicht länger zusehen und greifen zu den Schlagstöcken, ein Mann wird festgenommen. Die Demo zieht sich zurück und blockiert, von einem Polizeikordon eingeschlossen, die Bundesstraße. Zwischen dem Einsatzleiter und dem Polizeiführungsstab entspinnt ein Debatte, wie man nun wieder mit dieser Blockade umgehen soll. Tip aus der Zentrale: Auflösen und Vermummte rausgreifen!
Die Eskalation läßt nicht lange auf sich warten: Als die Protestierenden unverdrossen zum Turnierplatz zurückkehren, versuchen einzelne Beamte die Direktive zu erfüllen. Es kommt zur offenen Hauerei: Polizeihunde werden losgehetzt, Journalisten gestoßen, eine Pferdestaffel treibt die Tierschützer über Stock und Stein. Acht Personen werden festgommen, eine Demonstrantin erleidet ein Jochbeinbruch, ein anderer muß mit Wirbelsäulenverletzungen ins Krankenhaus gebracht werden.
Von dem ganzen Trubel unbehelligt gehen auf dem Military-Parcours die letzten Pferde an den Start. Im Gegensatz zu den beiden Vorjahren, in denen jeweils ein Pferd tödlich verunglückt war, fanden diesmal weder Pferde noch Reiter den Tod. Sehr zur Freunde von Turnierchef Günter Bahlmann: „Mir fällt ein Stein von Herzen.“ In den Demonstranten kann er aber „keine Tierschützer“ erkennen: „Das sind Autonome, die nur wegen der Randale kommen.“ Die wahren Tierfreunde seien die Military-Reiter, die ihre Pferde „über alles lieben“.
Unterdessen verlassen die letzten Tierschützer das Dorf, nicht ohne sich von ihren uniformierten Widersachern mit einem zünftigen „Bis zum nächsten Mal“ zu verabschieden. Einige Polizisten zur taz: „Wir können das Anliegen ja gut verstehn. Für uns ist Military auch kein Sport.“
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