Schluckt ihr Rupert, sind wir für Herta

■ Kohl und Scharping entscheiden über Stahl-Nachfolge

Berlin (taz) – Wenn in dieser Woche die Entscheidung über die Nachfolge des gefeuerten Generalbundesanwalts Alexander von Stahl fällt, darf die zuständige Ministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger (FDP) vermutlich nur noch mit dem Kopf nicken. Helmut Kohl hat die Angelegenheit zur Chefsache erklärt – genauer: zur Sache zweier Chefs. Der zweite heißt Rudolf Scharping, weil die SPD die Berufung des Karlsruher Oberanklägers im Bundesrat blockieren kann.

Der Bundeskanzler will dem Vernehmen nach dem früheren Verteidigungsminister und heutigen Welt-Kolumnisten Rupert Scholz einen neuen Job sichern. Bei den Sozialdemokraten sitzt der Bundestagsabgeordnete Willfried Penner zum wiederholten Mal in den Startlöchern. Außerdem wartet – und dies spricht für Scholz – immer noch Herta Däubler-Gmelin (SPD) auf das Jawort der Union, um die Nachfolge Ernst Gottfried Mahrenholz' beim Bundesverfassungsgericht antreten zu können. Beides hat zwar nichts miteinander zu tun, eine Lösung: Akzeptierst du meine Herta, schluck' ich deinen Rupert, entspräche aber durchaus dem Bonner Politstil. Penner, der sich in der Frage der RAF-Bekämpfung wiederholt als Hardliner der alten Rebmann-Schule zu erkennen gab, fiele erneut hinten runter.

Scholz qualifiziert vor allem seine Nähe zum Kanzler für den Posten. Als Staatsanwalt oder Strafverfolger hat sich der Professor für Staats- und Verwaltungsrecht bisher nicht hervorgetan. Es sei denn, man hält ihm seine „kompromißlose Haltung in der Hausbesetzerfrage“ (Munzinger-Archiv) und den beharrlichen Widerstand gegen die Wiederzulassung des früheren RAF-Anwalts Horst Mahler zugute, als er in den 80er Jahren Justizsenator in Berlin war. Die RAF jedenfalls würde das Signal Scholz so verstehen, wie sie das Signal Kanther verstanden hat („Republikaner-Sympathisant“).

Weil der Postenschacher insbesondere nach der Fehlbesetzung von Stahl derzeit nicht populär ist, wird auch eine „unpolitische“ Variante diskutiert. Danach könnte der in Karlsruhe hochangesehene Bundesrichter und frühere Bundesanwalt Kay Nehm von Stahl folgen. Nehm hat in der Bundesanwaltschaft selbst starken Rückhalt, weil sich dort nach dem Desaster von Bad Kleinen ein hohes Bedürfnis nach „Entpolitisierung“ und badischer Idylle breitmacht. Im Gespräch ist außerdem der Verfassungsschutzchef von Brandenburg, Wolfgang Pfaff. Der frühere Bundesanwalt gilt als Verfechter der „Kinkel-Initiative“. Gerd Rosenkranz