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■ Humboldt und der WachschutzDer Pedell kommt

Hastige Vergleiche mit 33, der Stasi oder gar dem jüngsten Ausraster der beim Staat monopolisierten Gewalt verbieten sich. Aber dennoch ist es ein schönes Lehrstück über den Umgang mit gewaltbewehrter Autorität in deutsche Landen, was sich seit einigen Wochen an der „Freien“ Universität zuträgt. Da werden sogenannte Wachschützer handgreiflich, um an einem angekündigten Streiktag eine verbarrikadierte Türe von Studenten zu befreien. Zwei Studentinnen müssen sich – wenn auch nur kurzzeitig – ihrer Freiheit berauben lassen, als rüde Blauhemden sie an Händen und Füßen herumzerren. Und nun muß ein richtiger Professor, ein Philosoph noch dazu, sich von den Hauspolizisten die Platon-Lektüre in seinem Institut verbieten lassen. Keinerlei klammheimliche Freude mag darüber aufkommen. Was zu weit geht, geht zu weit.

Was geschieht da auf dem Campus? Angetrieben vom verlängerten Arm der Ministerialbürokratie, Verwaltungsleiter Kurt Zegenhagen, wird dem Geist der Universität endgültig der Garaus gemacht. Durch die Hintertür wird das Zwangsrecht wieder eingeführt. Die von Humboldt so dringend gewünschte Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden ist ohne die Gleichberechtigung der Gesprächspartner nicht denkbar. Daraus läßt sich, logisch zwingend, eine demokratische Universität ableiten. An deutschen Hochschulen nie durchgesetzt, wird dieses zarte Pflänzchen nun buchstäblich mit Füßen getreten. Der Pedell, der Haus- und Zuchtmeister der mittelalterlichen Universität, schleicht auf leisen Sohlen heran. Es dräut das Untertanenverhältnis. Wer sich einem der Wachschützer schon mal argumentativ näherte, weiß, was gemeint ist. Mit Mitbestimmung, meinte Dutschke 67, seien Zwangsexmatrikulationen, Studienzeitverkürzung und Studiengebühren unvereinbar. Heute ist an der Uni von anderem kaum mehr die Rede. Und nun noch Wachschützer. Christian Füller

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