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Kita-Garantie erst ab1998

■ Rosemarie Raab und ihr Haushalt: 4060 neue Plätze, aber keine Sozialgrenze bei Elternbeiträgen / Nur 95 neue Lehrerstellen / von Kaija Kutter

Der Zeitpunkt war vielleicht nicht ungeschickt gewählt. Mitten in den Sommerferien stellte Hamburgs Schul- und Jugensenatorin Rosemarie Raab gestern ihren Etat fürs kommende Jahr vor. Fazit: Für den Schulbau wird endlich Geld verplant, dafür ist die Stadt mit Lehrerneueinstellungen knauserig. Und Kindergarten-Gebühren werden teurer, dafür werden 4060 neue Plätze gebaut.

Mit der für 1996 versprochenen Kita-Platz-Garantie wird es vorerst nichts. Schon allein aus organisatorischen Gründen, so Raab gestern vor Journalisten, könne frühestens zum 1. Januar 1998 der Rechtsanspruch eingelöst werden. Es mangele nicht nur an Geld, sondern auch an Personal und Räumen. Sie rechne damit, daß „bundesgesetzlich eine Verlängerung der Frist erfolgt“.

Um tatsächlich alle Kinder zwischen 3 und 6 Jahren zu betreuen, müßten 9500 neue Plätze geschaffen werden. Eine Aufgabe, so Raab, mit der die Stadt allein überfordert sei. Sobald wie möglich sollen deshalb Kirchen, Unternehmen, und Wohlfahrtsverbände zum Gespräch eingeladen werden.

Aufgesplittet nach Altersgruppen soll es 300 Plätze für Kinder unter 3 Jahren, 2900 Plätze für 3 bis 6 jährige und 860 Plätze für Schulkinder geben. Wie teuer der Spaß für die Eltern wird, wird erst nach den Ferien verraten. Nur soviel: künftig werden 13 statt bisher elf Prozent der Kosten über Gebühren gedeckt. Der versprochene Nulltarif für Familien mit Einkommen unter 2000 Mark - ein Bonbon, mit dem die Preiserhöhung bislang gerechtfertigt wurde - entfällt.

Insgesamt hat die SPD-Senatorin mit 6,9 Prozent eine vergleichsweise hohe Steigerung ihres Etats erwirkt. Was angesichts steigender Geburten- und Schülerzahlen aber auch dringend geboten ist. Allein bis zum Jahr 2000, das hatte jüngst die Enquete-Kommission Schulpolitik errechnet, müßten 1600 neue Klassenräume gebaut werden, um die dann auf 187000 gestiegene Schülerzahl unterzubringen. Auch die Schulbehörde geht in internen Papieren von 1200 zusätzlichen Klassenräumen aus. Wieviel Klassen nun im kommenden Jahr gebaut werden, konnte Rosemarie Raab gestern nicht sagen. Nur soviel: Im letzten Jahr seien 60 Klassenräume fertig geworden. Für insgesamt 139 Millionen Mark soll auch im kommenden Jahr an Hamburgs Schulen aus-, um- und neugebaut werden. Die Tatsache, daß in der mittelfristigen Finanzplanung von 1995 bis 1998 knapp eine Milliarde Mark (979 Millionen) für Schulbauinvestitionen veranschlagt sind, deutet darauf hin, daß das Problem der wachsenden Schülerzahlen ernstgenommen wird.

Den bildungspolitischen Sprechern von GAL und CDU reicht dies nicht aus. „Es ist nicht zu erkennen, wie der Schulneubau hinreichend schnell umgesetzt werden soll“, sagte der GALier Joachim Schulze-Bergmann. So sei davon auszugehen, daß neben Schulen in Neubaugebieten 1994 kein einziges neues Klassenzimmer entsteht. Die CDU-Politikerin Ingeborg Knipper bezeichnete die 139 Millionen Mark als „Tropen auf den heißen Stein“. Es sei zu befürchten, daß Hamburgs Schüler „künftig nicht mehr zur Schule, sondern zum Container gehen.“

Äußerst kärglich fällt im kommenden Jahr die Verbesserung der Lehrerversorgung aus. Lehrerverbände, Enquete-Komission und Rathaus-Opposition reden von einem jährlichen Zusatzbedarf von mindestens 400 Stellen, um die Versorgung im Jahr 2000 zu gewährleisten. Im Raabschen Haushalt sind für 1994 jedoch nur 95 zusätzliche Planstellen vorgesehen. Weitere 305 Pädagogen werden auf durch Pensionierung freiwerdenden Stellen eingestellt. Als Opfer für die angespannte Finanzlage müssen Hamburgs Lehrer im neuen Schuljahr auf Aussgleichsstunden für besonders belastete Kollegen verzichten. Das „Arbeitszeit-Pool“ von umgerechnet 180 Stellen war 1990 als Ersatz für eine Arbeitszeitverkürzung eingerichtet worden. Die Kürzung, so rechtfertige Raab, sei angesichts der Arbeitszeitverlängerung in anderen Bundesländern eine „sehr schonende und vertretbare Maßnahme“.

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