: Schlagstock gegen Junkies?
■ ZeugInnen beobachteten rempelnde und tretende Zivilbeamte
Laute Schreie und Hilferufe gellten am Montag vergangener Woche durch die Bauernstraße. Zwei Frauen, die um die Ecke bogen, sahen gerade noch, wie ein Mann die Tür seines Opels zudrücken wollte, obwohl da noch der Arm einer Frau herausragte. Die beiden Frauen versuchten, den Mann wegzuziehen.
Als ihnen klar wurde, daß es sich um einen Zivilbeamten handelte, fragten sie ihn nach seinem Ausweis. Doch der Beamte weigerte sich und verwies sie an die Dienststelle in der Sandstraße. Er fuchtelte mit dem Schlagstock herum und trat heftig nach den Frauen. So jedenfalls schildert eine Zeugin den Vorfall, nämlich die Festnahme einer Drogenabhängigen und einer mutmaßlichen Dealerin durch zivile Beamte.
Die Zeugin, eine Verkäuferin aus der Bauernstraße, hat schon öfter Verhaftungen von Drogenabhängigen beobachtet, doch diese sei „ausgesprochen brutal und unprofessionell“ gewesen, ein einziges Geschubse und Gepuffe — „mehr eine Prügelei als eine Festnahme“.
Die Darstellung der Polizei sieht in Details anders aus: Man habe eine mutmaßliche Drogendealerin festnehmen und in den Wagen setzen wollen. Da sie jedoch auf den Polstern drei Kügelchen Kokain liegen sah, habe sie zu schreien und lamentieren begonnen: „Die Schweine wollen mir was unterschieben“. Nach Angaben des Polizeipressesprechers soll der Beamte daraufhin gesagt haben: „Steigen Sie ein, sonst müssen wir körperliche Gewalt anwenden.“ Er habe sie in den Wagen gedrückt, die Frau habe jedoch versucht, auf der anderen Seite wieder auszusteigen und ihre Hand aufs Autodach gelegt. Das war der Moment, in dem die beiden Zeuginnen herbeirannten, um der augenscheinlich eingeklemmten Frau zu helfen. Doch laut Polizei hat es nur so ausgesehen, als drücke der Beamte die Tür trotz der Hand zu.
Auch von einem Schlagstockeinsatz gegen die herbeigerannten Frauen weiß der Pressesprecher nichts: „Der Beamte hatte sich überlegt, ob er sich mit dem Gummiknüppel gegen Fußtritte der Frauen wehren soll, hat sich aber mit den Funkkabeln verheddert“. Der Beamte habe nur zurückgetreten, nicht geschlagen.
Die Vorgeschichte der Festnahmen: Die beiden Zivilbeamten hatten laut Polizeipressestelle einen Drogendeal zwischen zwei Frauen beobachtet, Geldscheine seien hin- und hergereicht worden. Bei der Drogenabhängigen fand man prompt Heroin und nur noch 30 Mark von den 100 Mark, die sie zuvor der anderen Frau gegeben habe. Den Hunderter fand man bei der mutmaßlichen Dealerin. Die jedoch stritt einen Deal ab, sie sei auf Polamidon, nur gelegentlich brauche sie für sich selbst Stoff.
Die drogenabhängige Frau wurde um 17.15 Uhr wieder entlassen, also etwas mehr als eine Stunde nach dem Vorfall. Die Wohnung der mutmaßlichen Dealerin wurde durchsucht, die Beamten fanden Heroin und typisches Verpackungsmaterial. Eine Strafanzeige wurde erhoben. Um 19.05 kam auch diese Frau wieder frei. Sie überlegt nun, wegen der rüden Behandlung ihrerseits Anzeige zu erstatten. cis
B
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