: Eine eigene Werkstatt für vier Dienstwagen
■ Saarland: Streit um ein Privileg für die fleißigsten Parlamentarier Europas
Saarbrücken (taz) – Die 51 saarländischen Landtagsabgeordneten sind im Dauerstreß: Keine Volksvertretung in Europa – so eine Studie der Bonner Initiative Parlamentsreform in der letzten Legislaturperiode – tagt so oft wie der saarländische Landtag. Ja, das Repräsentativorgan von einer Million Saarländern braucht sogar den weltweiten Vergleich nicht zu scheuen: Mit 175 Sitzungstagen im Jahr werden die Saarländer nur noch vom kanadischen und britischen Unterhaus übertroffen. Allein durch die Teilnahme an den Plenarsitzungen, so die Studie, kommen die Saar-Parlamantarier auf eine 40-Stunden-Woche.
Diese Fakten muß jeder kennen. Denn nur dann kann er Sinn und Zweck einer besonderen Einrichtung verstehen, die von den schnöden Beamten des Landesrechnungshofes als unverschämtes Privileg der Abgeordneten angeprangert wird: die eigene Kfz- Werkstatt des Landtages, die dem saarländischen Steuerzahler allein 300.000 Mark Personalkosten im Jahr beschert. Der Landesrechnungshof fand dies nach einer Überprüfung „schlichtweg unverständlich“. Schließlich verfüge der Landtag gerade mal über vier Dienstwagen. Und die würden wegen bestehender Verträge in der Regel sowieso außerhalb gewartet und repariert, stellten die Rechnungsprüfer fest. Deshalb gelte die Aufmerksamkeit der vier Werkstattarbeiter fast ausschließlich den Privatfahrzeugen von Abgeordneten und Bediensteten: Dies geschieht laut Rechnungshof „zu Preisen, die erheblich unter den marktüblichen für vergleichbare Leistungen liegen“. So können die Werkstattbeschäftigten trotz fleißigem Gewienere nur 4.000 Mark pro Jahr erwirtschaften – ein Hundertstel der Kosten. Da die Abgeordneten trotz 40stündiger Sitzungswoche ständigen Kontakt zum Bürger pflegen, dient der Landtag auch mit einer eigenen Tankstelle: 7.000 Liter im Monat werden dort abgefüllt. Dabei werde das Benzin, so der Rechnungshof, „vier bis fünf Pfennige unter den allgemeinen Marktpreisen“ abgegeben. Das aber bestreitet der Landtag entschieden.
Überhaupt fühlen sich die Abgeordneten aus „unerklärlichen Gründen“ (ist es Neid?) von den Rechnungsprüfern angegangen. So heißt es in einer unveröffentlichten Stellungnahme des Landtages an die beamteten Nörgler wörtlich: „Der Landtag betreibt keine Kraftfahrzeugwerkstatt, sondern verfügt über eine Garage.“ Und deren Serviceleistungen seien „Dienste, die den Parlamentariern zur wirkungsvollen Ausübung ihres Mandats angeboten werden“ müßten. Der Rechnungshof aber sieht das anders: Für die „Kraftfahrzeugwerkstatt mit Tankstelle, die sogenannte Landtagsgarage“, fehle jede Rechtsgrundlage. Außerdem, so das vernichtende Urteil, seien der hohe Personalaufwand und die enormen Betriebskosten für die Wartung und Pflege von vier Dienstfahrzeugen „in Anbetracht der angespannten Finanzlage des Saarlandes nicht zu vertreten“.
Sitzungsfleiß wird eben nicht belohnt – oder sollten die Abgeordneten wirklich nur deshalb so oft tagen, damit alle mal wieder volltanken können? Frank Thewes
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