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: Schneller, höher, weiter – plumps

„Bücherschreiben ist eine Sache für Pensionäre“, lautet das Urteil von Dietrich Kölling, Hauptkommissar bei der Berliner Mordkommission und Serienheld des Krimiautors Frank Goyke. Für Goyke, Jahrgang 1961, scheint die Aussage seines Ermittlers jedoch nicht richtungweisend zu sein, schließlich legt er mit „Schneller, höher, weiter“ seinen inzwischen dritten Kriminalroman vor.

Dabei müssen Kommissar Kölling und sein Team nicht nur einen Mordfall im bürgerlichen Zehlendorf aufklären, sondern sich auch mit der Olympiabewerbung Berlins beschäftigen. Erschossen wird der Sohn des Werbemanagers Jürgen Grützmacher, der sich kurz vor dem Attentat in einen Kurzurlaub geflüchtet hat. Im Laufe der Ermittlungen stellt sich heraus, daß Grützmacher, der auch als Geschäftsführer der Olympia Marketing GmbH tätig ist, guten Grund hatte, sich mit unbekanntem Ziel vorläufig zu verabschieden, und der Anschlag eigentlich ihm galt.

Grützmacher hatte in Abstimmung mit zwei Berliner Senatsräten Dossiers über sämtliche IOC-Mitglieder anlegen lassen, die sich vor allem mit den verschiedensten persönlichen Neigungen der Oberolympier befaßten. Mit diesem Wissen sollte in dem ein oder anderen Fall ein wenig nachgeholfen werden, damit Berlin auf jeden Fall die Olympischen Spiele des Jahres 2000 ausrichten darf.

Nebenbei versucht sich Grützmacher noch in Sachen Erpressung einiger besonders korrupter IOC-Mitglieder, um seine eigene Firma zu sanieren. Doch ähnlich dilettantisch wie sich die realexistierenden Berliner Olympiamacher aufführen, verlaufen auch in der Fiktion Olympiabewerbung und Erpressungsversuch. Die Dossiers geraten an die Öffentlichkeit, sorgen dort für entsprechenden Wirbel, und Grützmacher muß feststellen, daß auch Erpressen gelernt sein will.

Frank Goyke garniert die bekannten Skandale um die Berliner Olympiabewerbung mit einer Prise gutbürgerlichem Familiendrama, einem Schuß kriminellem Kleinunternehmertum sowie mit einem über Leichen gehenden Mitglied der Olympischen Familie. Der Krimi weist zwar einige Unstimmigkeiten auf, ist aber flüssig geschrieben und nett zu lesen. Mit „Schneller, höher, weiter“ steht Goyke ganz in der Tradition bekannter deutschen Krimiautoren wie -ky oder Hansjörg Martin. Im Vordergrund steht das aktuelle Tagesgeschehen und nicht das Kriminelle. Und im Hintergrund steht der sozialkritische, erhobene Zeigefinger.

Vielleicht sollte sich Frank Goyke bis zu seinem nächsten Krimi ruhig noch ein wenig Zeit lassen. Das Rentenalter hat er ja schließlich noch lange nicht erreicht. Michael Bolten

Frank Goyke: Schneller, höher, weiter. edition monade, Berlin 1993, 14,80 DM