: Auch Verträge sind nur Müll
■ Die Kommunen wollen das Duale System verklagen / Ein Krisengespräch bei Umweltminister Töpfer endete versöhnlich, gestern ging der Streit von neuem los
Bonn (dpa) – Klaus Töpfer bat die Gegner am Donnerstag abend in sein Ministerium. Die Kommunalen Verbände drohen, das Duale System mit Prozessen wegen Vetrragsbruchs zu überziehen. Aber auch der Umweltminister konnte die Krise nicht lösen, ein Lieblingskind des Christdemokraten steht vor dem Absturz: Seit dem 1. Juli sortiert das Duale System aus seinen gelben Säcken nur noch Folien und Plastikflaschen aus. Mehr als die Hälfte der Kunststoffabfälle mit dem Grünen Punkt landen auf den Deponien und in den Müllverbrennungsanlagen der Kommunen. Städte und Gemeinden fürchten Milliardenkosten, zumal ihnen das Duale System auch noch die vertraglich vereinbarten Zuschüsse für Werbung und das Aufstellen von Müllcontainern kürzen will. Auch Töpfer ist die Pannen leid. „Einseitige Kürzungen der vereinbarten Leistungen kommen nicht in Frage“, beschied er gestern die Müllmänner in aller Öffentlichkeit. Das allerdings könnte sie nach dem politischen in den finanziellen Bankrott treiben. Denn das Duale System erstickt in Halden von Plastikabfällen, die nach der gleichfalls im Hause Töpfer ausgebrüteten Verpackungsverordnung eigentlich vom Handel zurückgenommen werden müßten – ein finanzieller Anreiz zur angestrebten Müllvermeidung, den der Grüne Punkt wieder außer Kraft setzt. Eine von der Industrie finanzierte „Verwertungsgesellschaft Kunststoff“ ist bereits finanziell und konzeptionell gescheitert, eine neue, diesmal mit Bundeszuschüssen gegründete Firma mit demselben Zweck soll nun versuchen, unter unmittelbarer Aufsicht des Dualen Systems das Problem zu lösen. Sie setzt auf den vergleichsweise billigen Ausweg, aus praktisch unsortierten Plastikabfällen nur noch Öl und Gas zu gewinnen.
Der von den Gemeinden beklagte Vertragsbruch gehört seither zur Geschäftsgrundlage des Unternehmens. Zwar hatte der Geschäftsführer des Deutschen Städtetages nach dem Krisengespräch im Ministerium einen Verhandlungserfolg verkündet: das Duale System habe zugesagt, den Inhalt der gelben Säcke doch wieder auszusortieren. Gestern morgen wußte es der Pressesprecher des Grünen Punktes aber schon wieder besser: Die „Sortierbeschränkungen stehen nicht zur Disposition.“ Man sei lediglich bereit, über die vertraglichen Zahlungen an die Gemeinden „weiter zu reden“. nh
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