Nachschlag

■ Désirée Nick singt Kurz

Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Den Schaden hatte unlängst Musical-Produzent Friedrich Kurz beim Konkurs von „Sag mir, wo die Blumen sind“. Es war das öffentliche Eingeständnis, daß man selbst mit einem Millionen- Werbeetat Mist nicht als Bonbon verkaufen kann. Spötterin und Diseuse Désirée Nick reagierte mit dem Soloprogramm „Eine Frau wird erst schön durch die Liebe“. Schon die Plakat-Inszenierung ließ keinen Zweifel aufkommen, daß man sich ausführlich dem Kurz-Unglück widmen würde.

Liebevoll trägt die Hauptakteurin das trauerbeflorte Konterfei des Gestürzten auf die Bühne, auf der es von Kitsch nur so wimmelt. Aus ihrer Fassungslosigkeit macht sie keinen Hehl. Sie hätte ihn schon immer vor der von Stechow gewarnt und sich selbst angeboten. Ihre Bemühungen für die Hauptrolle seien vergeblich geblieben, statt dessen habe sie sich als T-Shirt-Model bei der Vermarktung nützlich machen können. Und die Däumchen habe sie gedrückt. „Es hat auch geholfen. Ganz bestimmt. Gar nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn ich nicht die Däumchen gedrückt hätte!“ So geht es unter und über der Gürtellinie weiter. Die Gunst ihres Lästerns wird gerecht auf die Prominenz verteilt. Was Sie schon immer über Ihre Medienwirkung wissen wollten – von Désirée Nick können Sie es erfahren. Als Waage („Aszendent: Ziege“) sorgt sie für den Ausgleich, indem sie vor eigenen Unzulänglichkeiten nicht haltmacht. Souverän belebt die Berliner Schauspielerin und Tänzerin den Beruf der Diseuse, für den es kaum Vorbilder und noch seltener akszeptable Konkurrenz gibt. Hans Uli von Erlach beschrieb ihn einmal als eine Mischung aus Kabarettistin, Femme fatal und literarischer Kämpferin. Auf jeden Fall gehört Lebenserfahrung dazu, um die Lieder, die stets und ständig um das Thema Liebe kreisen, glaubhaft interpretieren zu können. Désirée Nick beläßt es nicht bei der Interpretation. Großzügig verändert sie die jahrzehntealten, etwas angestaubten Liedtexte im Sinne des Zeitgeistes.

Ungewöhnlich auch das Zusammenspiel der Diseuse mit dem Pianisten Christoph Wagner. Er ist nicht nur der stumme, auf seinen Einsatz wartende Tastenbediener, sondern erhält durch Text und Gesang eine eigene Farbe. Höhepunkt des Abends bildet die „Benefiz-Gala des christlichen Musical-Hilfsfonds“ der Aktion „Kurz in Not“: Highlights verblichener Kurz-Musicals, vorgetragen mit jenem rotzigen Charme, der Nicks Qualität ausmacht. Uta Falck

„Eine Frau wird erst schön durch die Liebe“, morgen und am 24., 30., 31.7. jeweils 21 Uhr, Kellertheater Zosch