: Hoffen auf einen nassen Sommer
■ Sommersmogverordnung weiter umstritten und kaum noch in diesem Jahr zu machen
Auch wenn es zur Zeit naßkalt ist und die Ozonwerte in Bremen sich bei unbedenklichen Spitzenwerten von 60 Mikrogramm bewegen — die Diskussion über eine Sommersmogverordnung geht weiter. Denn mit dem nächsten Hochdruckgebiet ist auch der Dauerbrenner Ozonbelastung wieder da. Doch zu einer Regelung, die bei hohen Schadstoffbelastungen auch Einschränkungen und Verbote für den Autoverkehr vorsieht, wird es in diesem Sommer kaum noch kommen. Daran wird auch ein Diskussionspapier aus der Umweltverwaltung für die „politischen Verantwortungsträger“ nicht viel ändern.
In dem „Konzept zur Intervention bei sich anbahnenden kritischen Ozonkonzentrationen“ werden Aktionen auf verschiedenen Ebenen angeregt. Demnach gibt es für Fahrverbote auf Länderebene keine Rechtsgrundlage, die aber durch eine Bundesrats-Initative unter Beteilung Bremens erstritten werden könnte. Eine Möglichkeit für Tempolimits dagegen sieht das Konzept gegeben. Insgesamt soll über ein Gesamtkonzept für verbessertes ÖPNV-Angebot, Verringerung anderer Emissionen und intensive Aufklärung der Bevölkerung nachdegacht werden. Die Umsetzung dieser Maßnahmen werde aber „nicht ohne große politische Kraftanstrengung“ umzusetzen sein, heißt es in dem Papier.
Anders als in der Wintersmog- Verordnung sind die Ozonmessungen im Sommer reine Informationswerte. Bei Erreichen des Grenzwertes von 180 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft wird eine Warnung vor Arbeit im Freien für Kinder und alte Menschen ausgesprochen. Ab 360 Mikrogramm wird es nach dieser Grenzwerte-Philosophie auch für alle anderen Menschen gefährlich. Trotzdem bleibt der Umweltverwaltung nur der Appell an den Verstand der Bürger, bei hohen Schadstoffkonzentrationen das Auto stehenzulassen.
Diesen Zustand — die Kinder einsperren, und die Autos weiter fahren lassen — findet die umweltpolitische Sprecherin der grünen Bürgerschaftsfraktion, Elisabeth Hackstein, unerträglich. Sie fordert „Erziehungsmaßnahmen, die den Autofahren auf die Füße treten“. Zu deutsch: eine Sommersmog-Verordnung für das Land Bremen, in der bei 180 Milligramm Ozon ein Tempolimit auf allen Straßen verhängt wird und ab 240 Mikrogramm ein generelles Fahrverbot herrscht. „Mitelfristig sind auch diese Grenzwerte noch zu hoch und müssen abgesenkt werden.“ Hackstein will endlich „Pflöcke einschlagen“: das Land Bremen solle ein Beispiel geben und das „Recht auf frische Luft“ auch im Sommer garantieren.
In der Abteilung Immissionsschutz beim Umweltsenator denkt man anders. „Wir befürworten ein bundesweites Tempolimit, am besten sogar europaweit“, sagt Wolfgang Hartjen. Aber eine kurzfristige Reduzierung des Autovekehrs bei hohen Ozonbelastungen bringe nichts — „das ist eher kontraproduktiv“: denn bei hohen Ozonwerten bauen die Schadstoffe aus den Auspufftöpfen der Autos das Reizgas Ozon schneller wieder ab als bei ruhendem Verkehr. Die Abteilung geht davon aus, daß Ozonbelastungen nur flächendeckend und nicht lokal zu bekämpfen sind.
Deshalb blickt sie gespannt nach Heilbronn, wo dies in einem Großversuch in diesem Sommer getestet werden soll. „Im Süden ist das viel dramatischer. Hier in der norddeutschen Tiefebene ist Ozon eigentlich kein großes Problem“, sagt Wolfgang Hartjen.
Das sieht Hackstein ganz anders. Sie gibt zu, daß bei einem Fahrverbot die Ozonwerte höher bleiben würden als bei fließendem Verkehr. „Aber die Luft ist ja noch durch viele andere Schadstoffe belastet, die man mit einem Fahrverbot reduzieren könnte. Auch die tragen zum Sommersmog bei.“ Einig ist sich Hackstein auch mit der Gesundheitsverwaltung in der Ablehung der sogenanten „Sommersmog-Verordnung“ durch Bundesumweltminister Töpfer. Für die grüne Abgeordnete ist die Verordnung ein „Windei“. Einziger Vorteil sei der größere Spielraum für die Länder, den Bremen zu einem Alleingang nutzen solle.
Auch Gesundheitssenatorin Irmgard Gaertner nennt die Verordnung „in vielen Punkten mehr als irreführend“. Grenzwerte seien zu hoch angesetzt, Fahrverbote nicht vorgesehen, für Ozon sei nicht mal ein Grenzwert vorgesehen.
Bernhard Pötter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen