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■ Warum ich meinen Anrufbeantworter hinausgeworfen habePfeifen auf den Pfeifton

Rom (taz) – Vielleicht lag es wirklich nur an dem Apparat, den ich mir zugelegt hatte, vielleicht ist es aber auch eine Art Syndrom, dem ich verfallen bin. Jedenfalls habe ich meinen Anrufbeantworter hochkantig und endgültig hinausgeworfen. Abgeschaltet, ausgestöpselt. Schluß mit diesem infernalischen Gerät, das auch noch den letzten Winkel der Intimsphäre penetriert.

Der Anrufbeantworter gehört zu jener Kategorie Geräte, die eindeutig und unmißverständlich die Herrschaft über den Menschen angetreten haben. „Was, Sie haben keinen?“ Das klingt fast wie der Hinweis auf eine Verkrüppelung. Der Pfeifton als obligatorisches Präsenzmerkmal. Zugegeben: Mitunter ist er schon praktisch. Man bekommt auch Aufträge, wenn man nicht zu Hause ist, oder man kann mitteilen, daß man sich verspätet. Doch in der Mehrzahl der Fälle wird er zum erbarmungslosen Marterinstrument.

Zu Hause angekommen, beginnt das Erinnyenwerk: Das Display zeigt die Nummer 27. Siebenundzwanzig Anrufe, als ich außer Haus war – für sechs Stunden. Jeder Anruf von besonderer Dringlichkeit, denn in meinem Text heißt es: „... sofern Sie eine dringende Nachricht hinterlassen müssen.“

Tante Elvira wünscht Auskunft über das Wetter in Italien, denn sie möchte in den nächsten Tagen vielleicht ..., und du weißt ja, wie das ist mit Onkel Hans, der kann sich ja nie ..., aber jetzt ist da ein ... An dieser Stelle waren die dreißig Sekunden Sprechzeit um, der Rest der Nachricht ist abgeschnitten.

Ein taz-Leser, der zufällig in der Gegend ist, möchte mal gerne ein Gläschen Wein mit dem Korrespondenten trinken: Er teilt einfach mit, daß er morgen so gegen acht vor der Tür stehen wird.

Der Hessische Rundfunk, Kulturprogramm, bittet um Rückruf, desgleichen der Rias Berlin, aber dringend, weil noch zu Mittag gesendet werden soll.

Aus der Fotoredaktion meldet sich Katja: Bitte schnell die Themen rübergeben. Frau Dr. Oliveri vertritt eine Künstlergalerie und verspricht ihre Aufwartung kommenden Dienstag um elf Uhr.

Ein gewisser Gianni – Stimme unbekannt, Nachname und Telefonnummer fehlen – ärgert sich, weil er bereits dreimal anruft und keinen Rückruf erhält.

Und so weiter und so fort. Bei manchen Anrufern weiß ich genau, daß sie auflegen, wenn ich persönlich antworte, aber drauflossprechen, wenn der Anrufbeantworter eingeschaltet ist – dann muß ich nämlich zurückrufen. Und das ist billiger für sie. Doch selbst wenn der Wille und die Kraft noch da wären – häufig ginge es gar nicht: Da sind Telefonnumern so genuschelt, daß man sie nicht versteht, andere stimmen offenbar nicht, wieder andere sind verstümmelt, weil die Sprechzeit zu Ende war.

Der Versuch, unbegrenzte Rededauer zuzulassen, scheiterte an Anrufern, die das zur Übermittlung ganzer Buchprojekte nutzten. Manche Stimmen kommen dagegen überhaupt nicht an – ihr Säuseln liebt der Apparat offenbar nicht, oder er hält es für Ätherrauschen: Also schaltet er nach acht Sekunden einfach ab.

Doch alle, die angerufen haben, sind überzeugt, nun mit mir kommuniziert, meinen Rückruf angefordert, den Auftrag erteilt zu haben. Die Entschuldigung, daß da etwas nicht gut angekommen ist, funktioniert vielleicht einmal, doch beim nächsten Mal gilt man als Lügner. Ein Satz wird zum Alptraum: „Aber ich habe Ihnen doch auf den Anrufbeantworter gesprochen.“

All das habe ich nun hinter mir. Und schon sehe ich mich nach dem nächsten Quälgeist um, den es zu beseitigen gilt. Wenn mich nicht alles täuscht, ist es der Faxapparat. Aber das ist eine andere Geschichte. Werner Raith

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