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Friedensbewegung will nach Sarajevo ziehen

■ „Mir Sada-Frieden Jetzt“ plant Friedensmarsch mit 10.000 Teilnehmern / Auch rein humanitäre Organisationen wollen teilnehmen / Waffenstillstand gebrochen

Berlin (taz) – Während in Bosnien-Herzegowina gestern erneut ein gerade erst vereinbarter Waffenstillstand gebrochen wurde, geht die europäische Friedensbewegung in die Offensive: Mit einen „Friedensmarsch in der Tradition von Ghandi und Martin Luther King“ wollen Anfang August zahlreiche Friedens- und Menschenrechtsgruppen aus Europa und den USA gegen die „Untätigkeit ihrer Regierungen und der UNO im Bosnienkrieg“ protestieren. Zu den Initiatoren des Aktionskomitees „Mir Sada-Frieden Jetzt“ gehören erstmalig auch rein humanitäre Organisationen wie das französische „EquiLibre“, die „Ärzte ohne Grenzen“ und der italienische Landesverband der „Caritas“.

Prominente wie der Sonderberichterstatter der EG und ehemalige polnische Ministerpräsident Tadeusz Masowiecki, unterstützen „Mir Sada“. Höhepunkt des Marsches, an dem sich nach Angaben der Organisatoren schon jetzt 10.000 Menschen beteiligen wollen, soll eine Manifestation am 7. August in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo sein. Die Einladung hatte der bosnische Präsident Izetbegović selbst unterschrieben. Parallel zu den Aktionen in Bosnien sind Solidaritätsaktionen in allen größeren Städten Europas geplant. „Die Vorbereitungen sind abgeschlossen“, so Henning Zierock von der Tübinger Gesellschaft „Kultur des Friedens“, die die Koordination der „Mir Sada“-Aktivitäten für die Bundesrepublik übernommen hat, „alleine aus Frankreich haben sich bisher 7.000 Teilnehmer gemeldet.“ Schon im Oktober 1991 hatte die Gesellschaft „Kultur des Friedens“ eine Karawane in das damalige kroatische Kriegsgebiet organisiert. 1992 fand ein weiterer Marsch gegen die Kriegsgefahr in der Nachbarrepublik Bosnien- Herzegowina statt.

Aus den seit damals bestehenden Kontakten war im letzten Jahr das „Verona-Forum“, eine Art Koordination der Aktivitäten gegen den Krieg im ehemaligen Jugoslawien entstanden. „Auf der Menschenrechtskonferenz in Wien vor etwas über einem Monat bündelten Friedensgruppen aus Spanien, Frankreich, Italien und der Bundesrepublik dann ihre Aktivitäten zu „Mir Sada-Frieden Jetzt“. Konkret fordert „Mir Sada“ neben einem sofortigem Ende der Kämpfe den Erhalt des multi-ethnischen Staates Bosnien-Herzegowina. „Der Vance-Owen-Teilungsplan war an sich gut gemeint“, so Zierock, „aber er war immer realitätsfern.“ Nicht nur, weil 30-40 Prozent der Familien in Bosnien ethnisch gemischt sind, könne es nicht darum gehen, Völker zu teilen. Unterschieden muß nach Ansicht Zierocks in diejenigen, die den Krieg wollen, und die, die unter ihm leiden. Eine militärische Intervention in der ehemaligen jugoslawischen Republik lehnt Zierock zwar weiterhin ab, verwieß aber darauf, daß Gruppen wie die „Helsinki Citizens Assembly“ militärische Operationen wie den Schutz Sarajevos forderten.

Kontakt: Gesellschaft „Kultur des Friedens“, Am Lustnauer Tor 4, 72074 Tübingen, Telefon: 07071/52200, Fax: 24905, Bankverbindung: KSK Tübingen, BLZ 641 500 20, Kontonummer 266 088, Stichwort „Mir Sada“

Rüdiger Rossig

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