: Siemens darf an die Uni ziehen
■ Wirtschaftssenator will umstrittene Ansiedelung durchziehen / Umweltsenator nicht dagegen
„Für eine andere Planung werde ich mich als grünes Deputationsmitglied nicht einsetzen; ja gerade deshalb nicht.“ Der da so wettert ist Gerold Janssen, und er wettert gegen den Wirtschaftssenator Claus Jäger. Janssen will unbedingt verhindern, daß die Siemens AG auf dem Gelände Technologiepark Uni Ost angesiedelt wird, und er argumentiert, es gebe Alternativstandorte. Aber alles argumentieren, so scheint es, hat nichts genützt. In einer Senatsvorlage für den 10 August beharrt Wirtschaftssenator Claus Jäger darauf, die 13 Standorte für die rund 1.700 Bremer Siemens-Arbeiter auf dem umstrittenen Standort zusammenzufassen. Und aus dem grünen Umweltressort kommt eher achselzuckende Zustimmung. „Wir haben keine alternativen Standorte“, sagt Barbara Schulte, die Sprecherin des Umweltsenators.
In der Vorlage des Wirtschaftsressorts wird noch einmal die lange Geschichte des Siemens-Bauvorhabens aufgerollt. Seit 1987 sucht Siemens nach einem geeigneten Standort. Rund 100.000 Quadratmeter sollte das Gelände nach den Vorstelungen des Unternehnmens haben. Nachdem einige andere Standorte wie Horn-Lehe-West oder Obervieland geprüft und für untauglich erklärt worden waren, stand schon ab 1988 nur noch der Technologiepark zur Diskussion. Unterdessen hatte Siemens seinen Flächenbedarf erst auf 71.000 und nach Erhöhung der Nutzungsdichte auf 58.000 Quadratmeter reduziert. Neben der Verdichtung sollte es weitere Argumente geben, den Umweltschützern die Großansiedelung schmackhaft zu machen: Das Oberflächenwasser soll nicht durch die Kanalisation, sondern über die Fleete abgeführt werden, die Parkplätze werden nicht versiegelt, die vorhandene Vegetation soll in die Gestaltung der Anlagen einbezogen werden.
Alles keine Argumente, die den Verdienstkreuzträger Janssen überzeugen konnten. Ganz anders allerdings wird offensichtlich beim Umweltressort gedacht: Reduzierter Flächenverbrauch, ökologische Bauweise, nach Meinung des Ressorts fehlende bessere Standorte — alles zusammengezählt habe man keine Rückendeckung für „heftige Gegenwehr“, sagte Barbara Schulte. „Außerdem gibt es eine Festlegung des Senats gegenüber Siemens, die man nur schwer vom Tisch bekommt.“
Die Jäger-Vorlage sieht nun einen Kuhhandel vor: Für 12.000 Quadratmeter am Technologiepark, die ursprünglich als Gewerbefläche ausgewiesen waren und wo jetzt Wohnungen gebaut werden sollen, soll an anderer Stelle die hälfte eines ursprünglich als Grünfläche geplanten Gebiets als Mischbaufläche ausgewiesen werden — für Siemens. Wenn sich der Senat auf diese Planung einläßt, dann könnten schon nach Ende der Vegetationsperiode im September die Bagger für den Erdaustausch anrollen. Wahrscheinlich mit Gerold Janssen auf der Schaufel. Jochen Grabler
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