piwik no script img

Das Post-Leid greift weiter um sich

■ Fünf Ziffern – neue Orientierungslosigkeit in den Städten

Die neuen Postleitzahlen haben das Leben in Deutschlands Großstädten verändert: Jemanden anhand seiner Postanschrift aufzuspüren, ist schier unmöglich geworden. Niemand kennt alle neuen Codes – man kann sich ja gerade noch die eigene Zahl merken. Und in gängigen Stadtplänen sind natürlich nicht die Zustellbezirke der Post, sondern die Straßennamen sowie die kommunalen Verwaltungsbezirke – sprich: Stadtteile – aufgeführt.

Berlin ist als Postleitzahlen- Dschungel ein besonders schwerer Fall. In jahrelangem Training hatten sich die Westberliner die Postbezirke eingeprägt. Dann kam die Vereinigung, und vielen blieben die Postleitzahlen der anderen Seite ein Buch mit sieben Siegeln. Jetzt ist allerdings die Orientierungslosigkeit komplett: Wie soll beispielsweise die richtige Berliner Straße auf der Karte gefunden werden, wenn es eine solche in der Dreieinhalb-Millionen-Stadt gleich achtmal in verschiedenen Bezirken gibt? Manche von ihnen ist ob ihrer Länge auch noch mehreren Postleitzahlen zugeordnet.

Diesen Zustand zu beenden, hat die Berliner Morgenpost jetzt einen Vorschlag unterbreitet. Danach könnten in die Postanschrift hinter Leitzahl und Ortsangabe Berlin die abgekürzten Namen der 16 Bezirke aufgenommen werden, also etwa CHA für Charlottenburg oder MZ für Marzahn.

Der Berliner Postsprecher Andreas Winkelmann hält allerdings nichts von der Abkürzungsidee. Sein Argument: Die zusätzliche Abkürzung würde die Lesegeräte bei der maschinellen Verteilung lahmlegen. Hingegen wäre nichts dagegen einzuwenden, den Bezirk an anderer Stelle der Anschrift und ausgeschrieben anzugeben. Auch beim Telefonbuch sei künftig zu überlegen, neben der Postleitzahl auch den Bezirk aufzuführen. „Letztlich handelt es sich jedoch bei den Postleitzahlen auch um Gewöhnung.“ dpa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen