4.000 Kinos brauchen kurze Filme

■ Kurzfilmagentur: Seit einem halben Jahr im Hamburger Film-Filz

Die Kurzfilmagentur gibt es nun seit einem halben Jahr. Angetreten ist sie, dem Kurzfilm die hohe Ehre zu verschaffen, die ihm nach Meinung des Agentur-Chefs Markus Schäfer bislang abgesprochen wird. Denn von rund 4000 Kinos in der BRD zeigen bislang nur ungefähr zwanzig vor dem Hauptakt noch kurze Filmchen. Meist können Kurzfilme nur noch auf speziellen Festivals genossen werden.

Die Kurzfilmagentur hat sich nicht nur dem Verleih für Kinos verschrieben, sondern wollte auch ein Kurzfilm-Video-Archiv aufbauen, eine Datenbank anlegen, Filmlizenzen vermitteln und eine Zeitschrift herausgeben, alles nach dem Vorbild der Pariser Agence du Court Metrage. Außerdem organisiert die Kurzfilmagentur das Hamburger No Budget-Filmfestival, schließlich sind die Leute der Agentur identisch mit der aufgelösten LAG-Film, die das Kurzfilmfest bis 1992 in ihrer Hand hielt. Nach einer Anschubfinanzierung von 40.000 Mark aus dem Vertriebskontor, einem Fond der Wirtschaftsbehörde und der Kulturbehörde via Filmbüro, sowie einer Jahres-Subvention der Kulturbehörde von 120.000 Mark - für das No Budget-Festival gab's 180.000 Mark extra - konnte der Verein zweieinhalb Honorarstellen schaffen und sich ein nettes, recht gut ausgestattetes Büro in der Glashüttenstraße einrichten. Nun umfaßt das Video-Archiv rund 1000 Kurzfilme, die gesichtet und ausgeliehen werden können. Die Datenbank ist zwar eingerichtet, muß aber perfektioniert werden. Premiere, Arte, SFB, BBC, Superchannel, SAT1 und RTL nehmen den Dienst schon in Anspruch .

Durch eine starke Vernetzung mit fast allen wichtigen hanse- städtischen Film-Organisationen steckt die Kurzfilmagentur mitten im Hamburger Film-Filz: Sie organisiert Kurzfilmprogramme für das Rathaus-Kino, für das Kino auf der Alster, für das Wutzrockfest und für das Open-Air-Kino des B-Movies. Mit der AG Kino zusammen soll vielleicht das Kurzfilmprogramm in Ulm organisiert werden. Trotz dieser großartigen Anfangserfolge gibt es auch Schlappen: Eine Zeitschrift konnte noch nicht gebastelt werden, und die Lizenzvermittlung stößt auf Schwierigkeiten. Denn ein Lizenzkauf ist nicht möglich, weil die Agentur von Behördengeldern finanziert wird und ein Kauf der Kinorechte mit öffentlichen Förderungsgeldern rechtlich nicht möglich ist. Und die Kinos wollen erst dann ihr Geld in Lizenzrechte investieren, wenn die Rechte von der Agentur schon erworben wurden - ein Teufelskreis.

Zudem ist nun auch noch die weitere Finanzierung der Agentur in Gefahr. Bei Verhandlungen mit der Kulturbehörde wurde gestern klar, daß die Subventionen für 1994 niedriger ausfallen werden. „Wir müssen beraten, wo unsere Schmerzgrenze ist“, sagt Markus Schäfer, sonst müssen „wir aufgeben und was Lukratives suchen“.

Annette Bolz