piwik no script img

Kaum noch Chancen für das Schiller Theater

■ Parlamentsvotum gegen Senat immer unwahrscheinlicher / Landowsky nennt Bedingungen für Weiterexistenz der Bühne

Nach dem Spruch des Verfassungsgerichts gestern morgen war der Intendant des Schiller Theaters Volkmar Claus noch zuversichtlich, eine Perspektive für seine Bühne entwickeln zu können. Er und die Seinen wollten jetzt „dem Parlament Vorschläge unterbreiten“, die ein Überleben sichern. Wenige Stunden später machte Kultursenator Ulrich Roloff-Momin deutlich, daß zumindest das Überleben des Intendanten an der Bühne nur noch von kurzer Dauer ist. Dieser werde „mit Ablauf seines Vertrages am 31. Juli 1993 nicht mehr amtieren“, verwalten soll die Bühne dann ein Beamter. Drei Tage später will der Senat den formellen Beschluß zur Auflösung der „Staatliche Bühne Berlin“ beschließen.

Ob diese dann ein kümmerliches Dasein als „Sonderbehörde Staatliche Schauspielbühnen Berlin – Abwicklungsamt“ fristet, entscheidet das Parlament am 2.September.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus Landowsky, noch vor Wochen vollmundiger Unterstützer der Bühne, hat seine Solidarität mittlerweile an Bedingungen geknüpft, die kaum zu erfüllen sind. Eine Chance für das Theater, so erklärte er gestern nachmittag, könne es überhaupt nur dann geben, wenn innerhalb der nächsten drei Wochen „die Intendanz ein abgespecktes Minimalprogramm vorlege, das einen Subventionsbedarf von weniger als 30 Millionen Mark ausweise“. Zudem erwartet der CDU-Mann einen „tätigen und zählbaren Solidaritätsbeitrag der Kulturschaffenden und der subventionierten Kultureinrichtungen in Berlin“. Durch diesen sollen die verbleibenden 30 Millionen Mark ausgeglichen werden. Der Landeshaushalt soll durch das Schiller Theater jedoch mit keinem Pfennig belastet werden.

Das bedeutet im Klartext, so Landowskys unmißverständliches Resümee, „Subventionsverzicht und eine Rücknahme der Zahl der Inszenierungen bei Opern und anderen Theatern“. – Bereitschaft zu einem entsprechenden Solidarbeitrag in dieser Größenordnung wurde bislang von keiner der angesprochenen Opern- und Schauspielhäuser signalisiert. Nikolaus Sander, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, geht denn auch davon aus, daß das Parlament am 2.9. die Senatsentscheidung zur Schließung des Theaters bestätigen wird. Er will die Gelegenheit lieber nutzen, um „die notwendige Diskussion über eine Strukturreform der Theater“ zu führen.

Sollten die Erklärungen von Landowsky und Sander die Stimmungen in ihren Fraktionen wiedergeben, wäre damit die Frage nach dem Überleben des Schiller Theaters beantwortet. Den dort Beschäftigten bliebe zum Trost nur die Übernahmezusicherung des Kultursenators für den Großteil der Belegschaft. Dieter Rulff

Siehe auch Bericht Seite 4

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen