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Spritsteuer bremst Autowahn

■ In Schweden ging Benzinverbrauch um 6 Prozent zurück

Stockholm (taz) – Genau wie in Deutschland war die Benzinsteuererhöhung in Schweden vor einem Jahr vor allem dafür gedacht, die Staatskasse aufzufüllen: 35 Pfennig pro Liter mehr mußten die Autofahrerinnen fortan berappen – knapp 2 DM kostet der Sprit seither. Doch darf als Nebenwirkung auch die Umwelt Luft holen. 371 Millionen Liter wurden binnen eines Jahres weniger verkauft, das sind ganze 6,3 Prozent. Damit kam es zu einem Verkaufseinbruch ohne Beispiel, seit Autos auf Schwedens Straßen fahren.

Tommy Nordin, Vorsitzender des Schwedischen Petroleuminstituts, der Branchenorganisation der Ölfirmen, sieht tiefrote Bilanzzahlen heraufziehen: „Das ist sehr schwer für unsere Firmen. Gerade jetzt, wo die teuren Investitionen zur Rückführung der beim Tanken entstehenden Gase in die Lagertanks stattfinden müssen.“ Die Klagen können der Umwelt recht sein: Rote Zahlen werden über kurz oder lang zu neuen Benzinpreiserhöhungen und möglicherweise weiter sinkendem Verbrauch führen.

Untersuchungen, die beim Wege- und Verkehrsinstitut in Linköpping gemacht wurden, belegen, daß der Minderverbrauch nur zu einem geringen Teil mit der schwedischen Wirtschaftsflaute zu tun hat. Es ist das Privatauto in den Städten, das immer öfter stehen gelassen wird, weil sich aufgrund der hohen Benzinpreise ein Verzicht auf unnötiges Herumkutschieren am deutlichsten in der Haushaltskasse niederschlägt: Einmal weniger getankt gibt eine Ersparnis von ungefähr 100 DM. Eine Monatskarte für den öffentlichen Nahverkehr kostet fast durchweg wesentlich weniger als eine so gesparte Tankfüllung.

Überhaupt ist der schwedische Markt für die Ölmultis kein Grund zur Freude. Seit 1980 hat sich der gesamte Absatz von Raffinerieprodukten glatt halbiert – Wirkung sowohl steuer- als auch umweltpolitischer Eingriffe. Der Heizölverbrauch ist um 65 Prozent zurückgegangen, der von schwerem Heizöl für Industrie und Kraftwerke gar um 84 Prozent. Das einzige, was immer noch angestiegen war, war der Bezinverbrauch. Hier scheint jetzt auch eine Schmerzgrenze erreicht zu sein. Reinhard Wolff

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