Supercup – Supercoup – Superkasse

■ DFB-Supercup: Bayer Leverkusen – Werder Bremen 2:2 nach Verlängerung / Der Deutsche Meister von der Weser gewinnt im Elfmeterschießen

Leverkusen (taz) – Uwe Seeler formulierte den kategorischen Fußballer-Imperativ so: „Das Geld darf nicht alles bestimmen.“ In einer großen deutschen Fußballzeitschrift warnte er vor der totalen Vermarktung durch die elektronischen Medien. Aber solch gut gemeinte Ratschläge rufen bei den Geschäftsleuten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nur ein müdes Lächeln hervor.

Schon im siebten Jahr präsentiert uns der DFB vor dem eigentlichen Bundesliga-Auftakt ein sogenanntes Supercup-Spiel. Was vielleicht als Freundschaftsspiel zwischen Meister und Pokalsieger bezeichnet werden könnte, wird systematisch zum Mega-Ereignis hochgepuscht. Mit von der Partie: Privatsender Sat.1, die Bandenwerber, das Eintrittsgeld der Zuschauer und der Hauptsponsor. Ort und Zeit der Warenübergabe: Haberlandstadion Leverkusen, 1. August, 17 Uhr 30.

Die Bilanz für die Beteiligten: jeweils eine Million Mark netto für Meister Bremen und Pokalsieger Leverkusen, „bei steigender Tendenz“, wie Fußballverbandssprecher Wolfgang Niersbach vor dem Spiel bemerkte. Die Gewinnsumme des DFB wird nicht ausgewiesen, aber auch auf eine Million geschätzt. Der Fußball in Zeiten der Rezession geriert sich als massive Abzocke. Verkaufen kann man bekanntlich alles: Supercup – Supercoup – Superslowmotion: Superkasse.

Nun gehört zum Verkaufen ja auch noch eine Strategie. Während Meister Bremen sich im wesentlichen mit Mario Basler von Hertha BSC Berlin verstärkte, gab man sich in Leverkusen weniger bescheiden. Um möglichst viele Zuschauer in das Stadion zu locken, wurde im Rheinland der „Supercup“ zum Aufgalopp der Neueinkäufe hochstilisiert. Eingekauft wurden: Trainer Dragoslav Stepanovic, Jens Melzig (1,6 Millionen DM, von Dynamo Dresen), Paulo Sergio (2,4 Millionen, São Paulo) und natürlich Bernd Schuster (Jahresgehalt in Leverkusen: 1,2 Millionen).

Seit Wochen wird in Leverkusen geschustert. In den Straßen, auf den Gassen, in den Kneipen, bei den Kiebitzen am Trainingsplatz. Bayer-Manager Reiner Calmund geriet ins Schwärmen: „Was wir in den letzten zwei Monaten mit dem schon eine PR hatten, obwohl er noch nicht mal gespielt hat, das ist unbezahlbar für einen solchen Konzern.“ Bernd Schusters vorgebliche Medikamentenabstinenz versetzten ihn in den Zustand der Euphorie: „Schuster hat dadurch solch eine Werbung gemacht, daß es auf absehbare Zeit keinem anderen Pharmakonzern gelingen wird, seine Produkte so in den Medien zu plazieren. Und wir kriegen diese Werbung auch noch kostenlos. Das gibt es gar nicht.“

Nach dem Abspielen des Schwachsinns der Nation – auch als Nationalhymne bekannt – gab es dann Bernd Schuster in Aktion. Er spielte über 120 Minuten, wie es landläufig heißt, „durchwachsen“. „Im Grunde fehlt noch einiges. Vielleicht dauert es damit noch ein paar Wochen“, erläuterte er anschließend. Es dauerte auch eine ganze Halbzeit lang, bis die Mannschaft aus Chemie-City einigermaßen zur Besinnung kam. Werder Bremen dominierte in der ersten Halbzeit eindeutig. In der siebten Minute schoß Bernd Hobsch ins Tor, aber Schiedsrichter Amerell entschied auf Abseits. In der 30. Minute knallte der beste Spieler des Tages, eben Bernd Hobsch, den Ball an die Latte. Werder spielte, und „Leverkusen lief den Bällen hinterher“, wie Bayer- Coach Stepanovic analysierte.

Besser wurde das Spiel der Gastgeber in der zweiten Hälfte. Der gut aufgelegte Ion Lupescu schickte in der 61. Minute Andreas Fischer auf den Weg zum 1:0. Der Rest des Abends gestaltete sich so, als hätte der Sat.1-Regisseur beiden Mannschaften gesagt, sie sollten jetzt noch etwas für die Einschaltquoten tun. Nach einem Vollborn-Fehler glich Bernd Hobsch in der 91. Minute per Kopf aus. In der Verlängerung schaffte Wynton Rufer mittels eines unberechtigten Elfmeters das 2:1 für Bremen (92. Minute). Darauf antworte Ulf Kirsten wenig später mit dem Ausgleich zum 2:2.

Und dann gab es auch noch zur Freude aller ein entscheidendes Elfmeterschießen. Oliver Reck konnte nach insgesamt 13 verwandelten Elfern den Schuß von Markus Hoppe abwehren. Damit war Werder, so König Otto von Bremen, „am Ende glücklicher, aber verdienter Gewinner“ des „Supercups“.

Fazit der Gesamtinszenierung: Es wurde Fußball gespielt. Es trafen sich Schicki und Micki. Es wurden Geschäfte gemacht. Es lebe das Vorbereitungsspiel gegen die Bezirksauswahl Rhein-Wupper. Johannes Boddenberg

Leverkusen: Vollborn - Foda - Wörns, Melzig (77. Becker) - Fischer, Lupescu, Schuster, Hapal, Sergio - Thom (46. Happe), Kirsten

Zuschauer: 15.000; Tore: 0:1 Fischer (60.), 1:1 Hobsch (90.), 2:1 Rufer (92./Foulelfmeter), 2:2 Kirsten (97.)

Werder Bremen: Reck - Neubarth - Beiersdorfer (46. Basler), Borowka - Wolter, Votava, Eils, Herzog, Bode (106. Wiedener) - Hobsch, Rufer