: Keine sanfte Medizin
■ betr.: "Ungeklärte Todesursache", taz vom 23.7.93, "Autopsie trotz Einspruch", taz vom 24.7.93
betr.: „Ungeklärte Todesursache“, taz vom 23.7.93, „Autopsie trotz Einspruch“, taz vom 24.7.93
[...] Nun durch den Tod von Katharina wird nochmal ganz deutlich, wie alleingelassen wir Eltern von krebskranken Kindern wirklich sind, wenn Ärzte vor der Fernsehkamera sagen dürfen, sie stellen Strafanzeige beim Tod von Katharina und jetzt sogar gegen den Willen der Eltern obduzieren dürfen!
Durch die Entscheidung meiner 16jährigen Tochter, keine chemotherapeutische Behandlung mehr haben zu wollen, und ihren Tod zwei Monate später, habe ich feststellen müssen, daß es in Deutschland keine Rechtsgrundlage für einen angemessenen Tod gibt. Bei diesem medizinischen Verständnis, geht es immer noch hauptsächlich um die Entwicklung und Forschung für noch bessere Behandlungsmethoden (siehe Genforschung mit Krebskranken), anstatt um Lebensqualität mit der Krankheit.
Ich wünsche den Eltern, daß sie die Kraft und die Menschen finden, um auch weiterhin an die Öffentlichkeit zu gehen und damit das Bewußtsein von Betroffenen und Ärzten für diesen bedrohlich wirkenden rechtsfreien Raum zu schärfen. Christina Maria Tröber,
Flensburg
[...] Die Leukämie (Blutkrebs) kann seit zirka 25 Jahren mit wachsendem Erfolg im Kindesalter behandelt werden. Heute überleben etwa 75 Prozent der Erkrankten. Bei der Form ALL, die Katharina hatte, sogar 80 Prozent. Vor dieser Zeit war diese Krankheit absolut tödlich! Wie seltsam, daß homöopathische Methoden, die früher gegen Leukämie nicht halfen, jetzt plötzlich wirken sollen.
Die Chemotherapie ist alles andere als sanfte Medizin: Sie ist in ihren Nebenwirkungen furchtbar. Auch wenn diese vorübergehen, hinterlassen sie doch schwere Narben, mindestens in der Psyche. Aber damit kann kind/frau/man leben. Ich weiß, wovon ich schreibe: ich bin nicht nur Kinderarzt, sondern auch Vater einer leukämiekranken Tochter. [...]
Besonders fatal finde ich, daß der „Fall“ Katharina Scharp, durch zahllose einseitige und flache Berichte in Zeitungen, Illustrierten und Fernsehen hochgespielt, viele Eltern von krebskranken Kindern verunsichert hat, und daß man fürchten muß, daß weitere Kinder diesem Irrglauben zum Opfer fallen.
Ich hoffe, daß vielleicht irgendwann sanftere Methoden entdeckt werden, Krebs im Kindesalter zu behandeln. Deshalb dürfen Kinder aber nicht als Versuchsobjekte einiger Wunderheiler dienen. Bisher gibt es leider keine Alternative zur Chemotherapie. [...] Dr. Werner Rohlfing, Gießen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen